4×4-Wagen boomen – Elektroautos nicht
Schweizer bleiben Benzinern treu, fast jeder zweite Neuwagen war 2018 ein Allradauto – schuld ist auch Tesla.

Es war eine Rekordmeldung, mit welcher der Branchenverband Auto-Schweiz das neue Jahr eingeläutet hat. Noch nie in einem Kalenderjahr seien so viele Personenwagen mit alternativen Antrieben immatrikuliert worden, teilte die Vereinigung der Schweizer Autoimporteure vergangenen Donnerstag mit. Tatsächlich lag 2018 die Zahl dieser Neuwagen mit 21'500 um fast ein Viertel über dem Vorjahr. Bei total 300'000 verkauften Neuwagen stieg ihr Marktanteil von 5,6 auf 7,2 Prozent.
Boomt hierzulande die Elektromobilität? Die Zahlen könnten zu diesem Schluss verleiten. Doch sie trügen, beinhalten sie doch zu einem guten Teil Neuwagen, die für die anvisierten Wachstumsziele im Bereich der Elektroautos nicht relevant sind. Es handelt sich um sogenannte Hybride, also jene Modelle, die über zwei verschiedene Antriebssysteme verfügen, zumeist ein Benziner mit einem Elektromotor, der beim Fahren allerdings nur unterstützend wirkt.
Für die E-Statistik relevant sind nur die sogenannten Steckerfahrzeuge. Dazu gehören die vollständig elektrisch betriebenen Autos sowie Plug-in-Hybride, die im Unterschied zu Hybriden an der Steckdose geladen werden und auch längere Strecken von 30 bis 50 Kilometern rein elektrisch fahren können. Hier sieht die Bilanz weniger schmeichelhaft aus. Letztes Jahr wurden rund 5400 E-Fahrzeuge immatrikuliert, das sind bloss 400 mehr als im Vorjahr. Der Marktanteil stieg entsprechend wenig von 1,6 auf 1,8 Prozent.
Branche hält am Ziel fest
Die Plug-in-Hybride machten 1,3 Prozent der verkauften Neuwagen aus. Allerdings bezieht sich dieser Wert auf den Zeitraum von Januar bis Ende November, da Auto-Schweiz die Dezemberzahlen für diesen Typus noch nicht separat ausgewertet hat. Laut Auto-Schweiz-Sprecher Christoph Wolnik dürfte sich am Marktanteil der Plug-in-Hybride aber kaum mehr etwas ändern.

Unter dem Strich machten die Steckerfahrzeuge letztes Jahr also 3,1 Prozent der verkauften Neuwagen aus – 0,5 Punkte mehr als 2017. Zur Einordnung: Die Roadmap Elektromobilität verfolgt das Ziel, den Anteil der Steckerfahrzeuge bei den Neuzulassungen bis 2022 auf 15 Prozent zu steigern, was in etwa 45'000 Neuwagen entspräche. So haben es Bund, Kantone, Gemeinden sowie über 50 Organisationen und Firmen im Dezember vereinbart.
Bereits früher hatte Auto-Schweiz angekündigt, bis 2020 einen Anteil von 10 Prozent erreichen zu wollen. An diesem Ziel hält der Verband fest. «Heuer kommen viele neue Modelle auf den Markt, das wird ein völlig anderes Bild», sagt Sprecher Wolnik. Dass E-Fahrzeuge letztes Jahr kaum mehr Absatz gefunden haben als 2017, erklärt Auto-Schweiz in erster Linie mit Tesla. Der kalifornische E-Auto-Hersteller hat zuletzt vor allem Negativschlagzeilen produziert, unter anderem wegen Problemen bei der Auslieferung neuer Fahrzeuge. Prompt ist laut Auto-Schweiz die Nachfrage nach dessen Modellen 2018 um einige Hundert Fahrzeuge zurückgegangen. Neue Modelle anderer Hersteller, etwa von BMW, Nissan oder Renault, hätten diesen Verlust aber mehr als wettmachen können.
Jürg Grossen enttäuscht
«Nicht überrascht, aber enttäuscht» von den neuen Zahlen zeigt sich GLP-Chef Jürg Grossen, der den Verband Swiss E-Mobility präsidiert. Ein Anteil von 3,1 Prozent sei «klar zu wenig». Die «zaghafte» Entwicklung erklärt sich Grossen mit den mangelnden Kenntnissen der Käuferschaft zu den Vorteilen von Elektroautos und mit dem Widerstand der «Verbrennerlobby, welche keine Gelegenheit auslässt, die Neuentwicklung schlechtzureden». «Es ist jedoch offensichtlich, dass Elektroautos in absehbarer Zeit die einzige mögliche Lösung für eine saubere, erneuerbare individuelle Mobilität darstellen», so Grossen.
Als Hemmschuh bezeichnet Swiss E-Mobility die noch fehlende Ladeinfrastruktur auf Parkplätzen und in Einstellhallen daheim und am Arbeitsplatz. Grossen zeigt sich erstaunt darüber, dass sich die Autobranche und der Bund zwar in der E-Mobilität Wachstumsziele gesetzt hätten, seine im Parlament eingereichten Vorstösse und Anträge für mehr Ladeinfrastruktur bis jetzt aber trotzdem ablehnen würden. «Hier braucht es nun rasch ein Umdenken der Autobranche und der Behörden.» So sei es noch immer möglich, die Ziele zu erreichen.
4×4: Doppelt so viel wie 2008
Anders als bei den E-Autos ist in einem anderen Bereich der Boom bereits Realität: 4×4-Fahrzeuge sind so beliebt wie noch nie. Ihr Anteil an den Neuwagen kletterte letztes Jahr von 47,5 auf 49,1 Prozent – doppelt so viel wie 2008. Klimapolitisch ist dieser Rekord jedoch problematisch, stossen diese Autos bei herkömmlichem Antrieb doch überdurchschnittlich viel CO2 aus. Das anerkennt auch Auto-Schweiz: «Dass wir die 50-Prozent-Marke nicht geschafft haben, ist aus CO2-Sicht gar nicht so schlimm.»
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