70-jähriger Deutscher von Jihadisten enthauptet
Die Kidnapper der Gruppe Abu Sayyaf veröffentlichten ein Enthauptungsvideo des vor rund vier Monaten entführten Seglers.
Zwölf Tage. So lautete die letzte Frist, die von den Kidnappern der Gruppe Abu Sayyaf gesetzt worden war. Die Entführer im Süden der Philippinen zwangen die Geisel am 15. Februar, das Ultimatum selbst im Video zu übermitteln. Für die Freilassung des Deutschen Jürgen K. forderten die Geiselnehmer 30 Millionen Pesos, umgerechnet 564'000 Euro.
Zwölf Tage später veröffentlichten die Terroristen wieder ein Video von Jürgen K., einem alten hageren Mann mit weissem Bart, der im T-Shirt gefesselt am Boden kniete. Quellen im philippinischen Sicherheitsapparat gingen nach Informationen von Redaktion Tamedia davon aus, dass das Bildmaterial echt ist. In dem Film ist zu sehen, wie ein Entführer die Geisel mit einem Krummmesser enthauptet.
Am Montag kursierten die grauenvollen Aufnahmen in sozialen Medien, der philippinische Staat war, anderes als in manchen früheren Fällen, womöglich hart geblieben: «Keine Lösegeldzahlung», hatte Ernesto Arbella, der Sprecher des Präsidenten, Mitte Februar erklärt. Stattdessen ging die Armee in die Offensive gegen Stützpunkte der Abu Sayyaf, deren Führer die Flagge des Islamischen Staates in Südostasien hochhalten. Der Militäreinsatz ging auch am Montag weiter.
Zum zweiten Mal entführt
Nach Angaben des philippinischen Armeesprechers Restitute Padilla hat Abu Sayyaf immer noch 19 ausländische und sieben philippinische Geiseln in ihrer Gewalt. Es sind nicht nur reiche Europäer, die in die Gewalt der Erpresser geraten: Die verbliebenen Gefangenen kommen aus Korea, Malaysia, Vietnam und den Philippinen.
Am 7. November war die Jacht Rockall führerlos treibend in der Sulu-See entdeckt worden. Sie gehörte einem deutschen Seglerehepaar, das angeblich vor Sabah den Terroristen der Abu Sayyaf in die Hände gefallen war. Die Frau wurde noch an Bord erschossen, der 70-jährige Mann danach aufs Land verschleppt. Das Paar war offenbar schon einmal vor Somalia entführt worden, wo sie 52 Tage lang in Geiselhaft von Piraten verbrachten.
Entführungsindustrie mit Millionenumsatz
Das Auswärtige Amt in Berlin zeigte sich am Montag «tief erschüttert und betroffen» von der Nachricht, die Geiselnehmer hätten den Deutschen getötet und den Mord auch noch gefilmt. Aussenamtssprecher Martin Schäfer sprach mit Blick auf das Video von einem «grausamen, barbarischen Akt». Wie in allen anderen Entführungsfällen vermied es Schäfer, zum konkreten Fall mehr zu sagen. Bislang hat die Bundesregierung niemals offiziell Stellung bezogen. Das gilt insbesondere für die Frage, ob sie in der Vergangenheit oder im aktuellen Fall Lösegeld bezahlt oder dies abgelehnt hat. Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach von einer «abscheulichen Tat». Diese zeige, «wie gewissenlos und unmenschlich diese Terroristen vorgehen», erklärte Merkel. «Wir alle müssen zusammenstehen und den Kampf gegen sie führen.»
«Mit oder ohne Toten gehen unsere gezielten Militäroperationen gegen alle Ziele weiter.»
Als zwei deutsche Geiseln vor mehr als zwei Jahren aus der Gefangenschaft der Abu Sayyaf freikamen, posteten die Entführer später Fotos vom angeblich bezahlten Lösegeld, während Manila und Berlin hartnäckig schwiegen. Regierungen fürchten, dass Informationen über Lösegeldzahlungen zu weiteren Entführungen ermutigen. Im Süden der Philippinen hat sich eine regelrechte Entführungsindustrie entwickelt, bei der jährlich mehrere Millionen Dollar fliessen dürften, um Gefangene wieder freizukaufen.
Schwierige Verhandlungen in Kriegsklima
Der 70-jährige Deutsche Jürgen K. befand sich zuletzt in der Gewalt einer Splittergruppe unter Führung des Extremisten Muamar Askali, auch als Abu Rami bekannt. Das philippinische Militär durchkämmte den Dschungel und flog Einsätze im Süden der Philippinen, um nach der Leiche des Deutschen zu suchen. «Mit oder ohne Toten gehen unsere gezielten Militäroperationen gegen alle Ziele weiter», erklärte Jo-Ann Petinglay, Sprecherin des Western Mindanao Command.
Unklar ist, ob die Armeeangriffe vor Ablauf des Ultimatums mit Berlin abgestimmt wurden. Ob weitere Verhandlungen um eine Freilassung noch Aussicht auf Erfolg gehabt hätten, ist schwer abzuschätzen, frühere Geiselnahmen auf den Philippinen haben gezeigt, dass die einzelnen Gruppen nicht immer dieselbe Taktik verfolgen. Sicher ist, dass Präsident Duterte den militärischen Druck auf die Terroristen erhöht hat, mehr als 150 Mitglieder sollen durch Angriffe der Soldaten getötet worden sein, darunter auch einige Kommandeure. In diesem kriegerischen Klima sind Verhandlungen um eine Freilassung von Geiseln kompliziert.
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