80 Tote bei schwerem Zugunglück in Spanien
Nahe der Pilgerstadt Santiago de Compostela ist ein spanischer Schnellzug entgleist. Experten vermuten, der Zug ist zu schnell gefahren. Den Rettungskräften bietet sich ein Bild des Grauens.
Das schwerste Zugunglück seit mehr als vier Jahrzehnten schockiert Spanien: In der Nähe des Wallfahrtsortes Santiago de Compostela ist ein Schnellzug entgleist und hat mindestens 80 Menschen mit in den Tod gerissen. Wie eine Gerichtssprecherin der nordspanischen Region Galicien mitteilte, wurden mindestens 141 Menschen verletzt, einige von ihnen schwer. Die Ursache des Unglücks steht noch nicht fest, Überlebende berichteten aber schon früh, der Zug sei sehr schnell gefahren. Der Lokführer hat gegenüber den Ermittlern offenbar selber bestätigt, dass der Zug mit rund 190 km/h unterwegs gewesen sei, obwohl in der Unglückskurve höchstens Tempo 80 zulässig war. Auch Experten gehen davon aus, dass der Zug zu schnell gefahren ist und deswegen entgleiste.
Der Unfall ereignete sich gestern um 20.41 Uhr auf einer Hochgeschwindigkeitsstrecke. In einer Kurve nach einem Tunnel sprangen mehrere Waggons des Schnellzugs aus den Schienen und überschlugen sich. Acht Waggons krachten den Angaben zufolge ineinander, mindestens einer fing Feuer.
Eine Sicherheitskamera an den Gleisen zeichnete den Unfall auf. Das Video, das auf Youtube im Internet zu sehen ist, zeigt den in eine Kurve einfahrenden Zug. Der erste Waggon hinter dem Triebwagen scheint plötzlich zu entgleisen und reisst auch die Lokomotive um.
Ein schockierendes Video einer Überwachungskamera zeigt den Moment des Unglücks.
Das Fernsehen zeigte später Bilder, auf denen ein deformierter Waggon in die Luft ragte. Ein anderer Wagen wurde in zwei Teile gerissen und kam auf einer anliegenden Strasse zum Stehen. Auch Stunden nach dem Unfall waren die Helfer noch nicht zu allen Waggons vorgedrungen, die teilweise ineinander verkeilt waren. Eingeklemmte Menschen wurden durch Fenster befreit; Rettungskräfte sammelten am Morgen wild verstreute Gepäckstücke der Passagiere ein. Kräne wurden zum Unglücksort gebracht, um die Waggons von den Gleisen zu heben.
Insassen berichteten, dass sie kurz vor dem Unglück starke Vibrationen gespürt hätten. «Der Zug war sehr schnell unterwegs, entgleiste und überschlug sich in der Kurve», sagte Passagier Sergio Prego dem Radiosender Cadena Ser. «Es ist eine Katastrophe. Ich hatte sehr viel Glück, weil ich einer der wenigen bin, die aus dem Zug herauskamen.»
Nach Angaben der staatlichen Eisenbahngesellschaft Renfe befanden sich 218 Passagiere sowie eine ungenannte Zahl von Angestellten an Bord des Zuges. Er war auf dem Weg von Madrid nach El Ferrol in Galicien, das knapp hundert Kilometer von Santiago de Compostela entfernt liegt.
«Ein Inferno»: Aufnahmen vom Unglücksort nahe Santiago de Compostela. (Video: ViralNewsHD/Youtube)
Die Behörden gehen nach eigener Aussage von einem Unfall und nicht von einem Terroranschlag aus, nannten aber mit Verweis auf die laufenden Untersuchungen keine Details. Bei Anschlägen auf Pendlerzüge 2004 waren in Madrid 191 Menschen getötet worden.
König Juan Carlos und Ministerpräsident Mariano Rajoy, der selbst aus Galicien stammt, sprachen den Opfern und Hinterbliebenen ihre Anteilnahme aus. Rajoy will noch heute den Unglücksort besuchen. Der Präsident der Regionalregierung von Galicien, Alberto Núñez Feijóo, sprach von einem der traurigsten Tage in der Geschichte Galiziens. In Santiago wurde wegen des Unfalls die Feier des Namenstags des Heiligen Jakob abgesagt, zu dem jährlich Tausende Christen nach Santiago pilgern.
Es ist das schlimmste Zugunglück in Spanien seit 1972, als bei einem Zusammenstoss von einem Zug und einem Bus im Südwesten des Landes 86 Menschen ums Leben gekommen waren. 112 wurden damals verletzt. 1944 verunglückte ebenfalls ein Zug auf dem Weg von Madrid nach Galicien. Damals kamen 78 Menschen ums Leben.
sda/AFP/AP/mw/fko/bru
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