Mahnwache auf der Gemüsebrücke886 Kerzen für 886 Tote
Mitten in Zürich haben Aktivisten Lichter für Corona-Tote entfacht. Den Ort auf der Gemüsebrücke haben sie nicht zufällig gewählt.

Das Lichtermeer passt auf den ersten Blick zu den vielen Lämpchen, die um diese Jahreszeit in der Innenstadt aufleuchten. Doch die 886 Kerzen, die am Mittwochabend auf der Gemüsebrücke als Quadrat aufgereiht sind, weisen auf einen traurigen Umstand hin. Im Kanton Zürich sind seit Beginn der Pandemie bereits 886 Personen am Coronavirus gestorben.
«Wir wollen mit der Aktion an jene denken, die in den vergangenen Monaten Opfer dieser Krankheit wurden», sagt Simon Gehren, einer der Organisatoren der Mahnwache. Zusammen mit einem halben Dutzend Freiwilligen hat er die Kerzen, die hier aufgereiht leuchten, um 20.30 Uhr am Mittwochabend angezündet.
«Eine politische Katastrophe»
Den Ort direkt vor dem Rathaus hat Gehren nicht zufällig gewählt. Er wolle die Corona-Pandemie nicht als Natur-, sondern als politische Katastrophe verstanden wissen, sagt er nach einer Schweigeminute zu den wenigen anwesenden Gästen. «Ich bin traurig, hat der Regierungsrat mit seiner Politik den Tod dieser Menschen hingenommen.»
Nicht alle vor Ort stimmten Gehren in diesem Punkt zu. Nachdem er einer Gruppe älterer Spaziergänger und Spaziergängerinnen seine Sichtweise zur Zürcher Politik unterbreitet hatte, kehrten sich die Leute um und liefen davon.
Gehren hat zusammen mit anderen in der ganzen Schweiz schon Mahnwachen organisiert, auch jene auf dem Bundesplatz in Bern ging auf seine Initiative zurück. Seit der letzten Mahnwache in Zürich Ende November hat sich die Zahl der Toten bereits mehr als verdoppelt. Dies sollten die vielen Kerzen auch verdeutlichen.
David Sarasin ist Redaktor im Ressort Zürich. Seine Schwerpunkte sind Nachtleben, Zeitphänomene, Kultur, Gesellschaft und Politik.
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