ABB-Chef: «Die Mitarbeiter sollen hierbleiben»
Der Schweizer Industriegigant verkauft die Stromnetzsparte an Hitachi. Der Gesamtwert beträgt 11 Milliarden Dollar.
Mit dem grössten Bereichsverkauf in der Unternehmensgeschichte versucht ABB-Konzernchef Ulrich Spiesshofer den Befreiungsschlag. Der Schweizer Elektrotechnikkonzern verkauft den Grossteil der rund 36'000 Mitarbeiter starken Stromnetzsparte und erfüllt damit eine Forderung des aktivistischen Investors Cevian. Der Nettoerlös für den Anteil von 80,1 Prozent belaufe sich auf 7,6 bis 7,8 Milliarden Dollar, wie ABB am Montag mitteilte. Der Sparten-Gesamtwert liege bei 11 Milliarden Dollar. Das Geld solle über Aktienrückkäufe oder ähnliche Transaktionen an die Eigner ausgeschüttet werden. Der Abschluss der Transaktion werde in der ersten Jahreshälfte 2020 erwartet. ABB habe eine Option, auch noch die restlichen Anteile zu verkaufen.
In der als «Herzstück» des Industrieriesen geltenden Sparte arbeiten in der Schweiz 2800 der 6500 ABB-Mitarbeiter, wie CEO Spiesshofer an der Medienkonferenz am Montag mitteilte. Hitachi habe sich verpflichtet, alle Mitarbeiter zu übernehmen, und bekenne sich zum Standort Schweiz. «Sie sollen hierbleiben», so der ABB-Chef. Hitachi sei daran interessiert, die Mitarbeiter und damit das Knowhow zu erhalten. Er gehe davon aus, dass Hitachi die Sparte in der Schweiz eher noch ausbauen werde. Inwieweit Spiesshofer für den neuen Eigentümer sprechen kann, ist allerdings unklar. In Hitachis Medienmitteilung zum Geschäft werden keine Angaben dazu gemacht.
In der Schweiz produziert ABB vor allem am Standort Sécheron nahe Genf für die Stromnetzsparte. Vor gut einem Jahr kündigte das Industrieunternehmen dort die Auslagerung des ABB-Traktionstransformatorengeschäfts nach Polen an. Aus Kostengründen sollten damals 100 Stellen in der Schweiz gestrichen werden. Auf Druck der Politik einigte man sich schliesslich auf 85 Stellen.
Anpassungen am Hauptsitz
Zu Anpassungen wird es allenfalls am Konzernhauptsitz in Oerlikon kommen. Dieser soll laut Spiesshofer weiter optimiert werden. Insgesamt will ABB durch den Verkauf der Division rund 500 Millionen Dollar jährlich und konzernweit einsparen. Inwieweit sich das auf die Arbeitsplätze hierzulande auswirken wird, wollte er nicht genauer beziffern. ABB werde aber versuchen, allfällige Änderungen sozialverträglich zu gestalten und über Umschulungen und Weiterbildungen abzufedern.
Gleichzeitig mit der Einigung mit Hitachi kündigt ABB eine strategische Neuaufstellung an. Die bisherige Matrixstruktur soll demnach mit Abschluss der Transaktion im Jahr 2020 aufgelöst werden. ABB will die Struktur des Konzerns vereinfachen, den verbleibenden Divisionen werde mehr Eigenständigkeit eingeräumt.
Spiesshofer hat ABB mit einem milliardenschweren Sparprogramm und einer stärkeren Ausrichtung auf die Digitalisierung seinen Stempel aufgedrückt. Doch obwohl ABB Megatrends wie erneuerbare Energie, Elektromobilität oder dem zunehmenden Einsatz von Robotern bedient, hat das Wachstum bisher enttäuscht. Seit Amtsantritt des früheren Unternehmensberaters im September 2013 hat die ABB-Aktie an Wert verloren und sich damit deutlich schlechter entwickelt als der europäische Industriesektor insgesamt oder auch der deutsche Rivale Siemens.
Mit dem Verkauf hoffen die Schweizer auf neuen Schub. «Die heutige Ankündigung öffnet ein neues Kapitel in der Geschichte von ABB», erklärte Verwaltungsratspräsident Peter Voser. Der Konzern wolle eine wettbewerbsfähige Rendite für die Aktionäre liefern. Die ABB-Aktien zogen vorbörslich um fast vier Prozent an.
Investor Cevian zeigt sich zufrieden
Der aktivistische ABB-Investor und Grossaktionär Cevian zeigt sich angesichts der geplanten Abspaltung der Stromnetz-Sparte und des Umbaus des Konzerns zufrieden. «Die angekündigten Massnahmen sind die richtigen Schritte in der Entwicklung von ABB, sie stärken die langfristige Wettbewerbsfähigkeit der Gesellschaft», erklärte Cevian-Co-Gründer Lars Förberg. «Wir unterstützen die von Verwaltungsrat und Management eingeschlagene strategische Richtung voll und ganz.» Investor Cevian hatte bereits seit Jahren gefordert, die Stromnetz-Sparte abzuspalten. Der Investor hält rund fünf Prozent an ABB.
Der Kauf der ABB-Stromnetz-Sparte ist auch die grösste Transaktion in der Geschichte von Hitachi. Power Grids kam 2017 auf einen Umsatz von 10,4 Milliarden Dollar, hinkt den anderen Sparten aber bei der Profitabilität hinterher. Zu den wichtigsten Wettbewerbern gehören Siemens, General Electric und Mitsubishi Electric.
reu/sda/hvw/fal
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