Abwärts mit dem Euro-Franken-Kurs, das Trump-Fanal winkt
Von 1.11 auf 1.06 in 9 Monaten: Bremst die SNB ihre Interventionen? Möglich, dass sie die «Manipulator»-Keule aus den USA fürchtet, Strafmassnahmen gegen die Schweiz inklusive.

Innerhalb der letzten rund 10 Tage tut sich am Markt für Schweizer Franken eine Menge. Vor allem neigt der Franken erneut zu einer Aufwertung. Noch vorgestern wurde ein Euro für 1.07 Franken gehandelt, aktuell sind es noch rund 1.064. Das ist von aussen gesehen keine grosse Differenz, aber sie muss im Kontext gesehen werden. Noch vor einem Jahr kostete der Euro über 1.10 und es machten Berichte die Runde, die Zeit der Überbewertung der Schweizer Währung nähere sich ihrem Ende. Beunruhigend ist aber nicht nur die erneute Aufwertung der letzten Tage gegenüber dem Euro. Auch gegenüber dem US-Dollar hat der Franken wieder zugelegt. Der Dollar kostet mittlerweile wieder weniger als einen Franken.

Die Wertzunahme des Dollars galt bisher als Grund, weshalb die SNB eine leichte Aufwertung des Frankens zum Euro zulassen kann, da ein teurerer Dollar handelsgewichtet den schwächeren Euro zumindest etwas kompensiert. Doch dieser Puffer fällt jetzt weg. Zwei weitere Hinweise für eine grössere Unruhe an den Währungsmärkten liefern einerseits die Volatilität im Euro-Franken-Handel (ein wichtiger Hinweis für die Nervosität auf den Märkten), die in den letzten Tagen deutlich nach oben geschossen ist, und andererseits der Umstand, dass die Zinsdifferenzen (Rendite-Spreads) von Anleihen aus peripheren Euroländern gegenüber jenen Deutschlands oder der Schweiz ebenfalls wieder deutlich zugenommen haben. Auch das ist ein deutlicher Hinweis für eine grössere Nervosität an den Märkten.
Ursachen in Frankreich – und noch mehr den USA
In Bezug auf den jüngsten Aufwärtstrend des Frankens werden laut Thomas Flury, dem Chefwährungsstrategen der UBS, vor allem zwei Erklärungen diskutiert: Erstens die Unsicherheit über den Wahlausgang in Frankreich mit der Möglichkeit eines Wahlsiegs der rechtsnationalen Kandidatin Marine Le Pen und zweitens die wachsende Wahrscheinlichkeit, dass der Währungspolitik der Schweizerischen Nationalbank bald ein harter Wind aus den USA entgegenschlägt, weil der neue US-Präsident Donald Trump die Schweiz als Währungsmanipulator brandmarken könnte und die Nationalbank dadurch bei ihren Bemühungen, den Franken zu schwächen, an Glaubwürdigkeit verlieren würde.
Vor allem für diese letzte Erklärung spricht einiges. Schon im letzten halbjährlichen Bericht des US-Finanzministeriums (Treasury) vom Oktober über Währungsmanipulatoren zulasten der USA wurde die Schweiz erstmals als Land aufgeführt, das unter Beobachtung steht. Der Bericht bezeichnet ein Land als unfairen Manipulator, wenn es drei technische Voraussetzungen erfüllt: Wenn sein Nettoexportüberschuss (Exporte minus Importe) gegenüber den USA sich auf mehr als 20 Milliarden Dollar beläuft, wenn das Land aktiv in die Märkte eingreift, um seine Währung zu schwächen und wenn der gesamte Nettoexportüberschuss sich auf mehr als 3 Prozent des eigenen Bruttoinlandprodukts beläuft. Weil die Schweiz die letzten beiden dieser Kriterien erfüllt, ist die Schweiz zum unbeliebten Beobachtungsstatus gekommen.
Wie ein Blick auf die Aussenhandelsstatistik zeigt, ist die Gefahr allerdings gross, dass die Schweiz bald auch das dritte Kriterium noch erfüllt: Einen Überschuss gegenüber den USA von 20 Milliarden Dollar und mehr. Denn dieser Überschuss nimmt laufend zu und erreicht immer neue Rekordwerte. Während er sich im Jahrzehnt bis 2010 meist deutlich unter 10 Milliarden Dollar bewegt hat, ist er im Vorjahr nach Schätzungen der Zollverwaltung bereits auf mehr als 17 Milliarden Dollar angestiegen. Geht das so weiter, wird die Schweiz nicht darum herumkommen, von den USA als unfairer Währungsmanipulator gebrandmarkt zu werden.
Und das dürfte unter einem Präsident Trump weitaus grössere Konsequenzen haben als noch unter der Regierung Obama, unter deren Ägide der letzte Währungsbericht verfasst wurde. Wie der neue US-Präsident immer wieder deutlich macht, will er gegen alle Länder hart vorgehen, die er als unfaire Manipulatoren auf Kosten der USA identifiziert.
Eingeschränkte Möglichkeiten der Nationalbank
Wie aber führt dieses Damoklesschwert zu einer Aufwertung des Frankens? Als unfairer Währungsmanipulator durch die nach wie vor mächtigste Handelsmacht der Welt abgestempelt zu sein und mit der Gefahr von Retorsionsmassnahmen gegen Schweizer Exporte dürfte es der Nationalbank deutlich schwerer fallen, auf den Währungsmärkten zu intervenieren. Auf eine weitere Aufwertung des Frankens zu wetten, wird dann auch für Währungsspekulanten wieder mehr erfolgsversprechend und es gibt dann starke Anreize selbst für Schweizer, Geld in den Schweizer Franken zu repatriieren. Beides würde den Franken verteuern.
Ein kleineres Vertrauen in die Bereitschaft der Nationalbank zu Währungsinterventionen bedeutet, dass diese sehr viel grössere Summen aufwenden müsste als jetzt, wenn sie sich einer Aufwertung entgegenstemmen will. Dadurch würde sich aber die Bilanz der Notenbank weiter stark aufblähen. Das Präsidium der SNB hat schon mehrfach deutlich gemacht, dass es damit schlecht leben kann. Damit wurde letztlich auch die Abschaffung der einstigen Untergrenze zum Euro begründet, die danach zu einer drastischen Aufwertung des Frankens geführt hat. Diese Sorge des Präsidiums allein mindert schon das Vertrauen in die Bereitschaft der Nationalbank, im Notfall alles zu tun, um sich einer weiteren Aufwertung entgegenzustemmen.
Gründe für Frankenkäufe gibt es schliesslich weiterhin genug – trotz dessen Überbewertung in Kaufkraft gemessen. Angesichts der wachsenden politischen Unsicherheiten auch in Europa und möglicher, durch die Regierung Trump ausgelöster Handelskonflikte rückt die Funktion des Frankens als sicherer Hafen wieder ins Zentrum. Der Dollar, dem man diese Funktion jüngst ebenfalls zugestanden hat, hat sich auch gegenüber anderen Währungen bereits wieder von seinen Höchstständen entfernt. Das ist ein Hinweis darauf, dass die hohen Erwartungen an den Märkten in Bezug auf stimulierende Massnahmen durch die Trump-Regierung vermehrt auf Skepsis stossen.
Video – Wie die Märkte auf die Trump-Präsidentschaft schauen:
Bilder – Trumps turbulente erste Amtstage:
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