
Alt-Bundesrichterin Brigitte Pfiffner forderte in einem Gastbeitrag in dieser Zeitung AHV-Beiträge auf Dividenden, die höher als 10% des eingesetzten Kapitals sind. Die seit der Unternehmenssteuerreform II 2008 eingeführte Teilbesteuerung der Dividenden habe dazu geführt, dass sich die Unternehmer vermehrt Dividende statt Löhne auszahlten. Dies gehe zulasten der AHV.
Vor 2008 führte die Doppelbesteuerung der Dividende dazu, dass sich Unternehmer eher Lohn als Dividende auszahlten. Das Ziel der Unternehmenssteuerreform II war sinnvoll: Ob ein Unternehmer sich Dividende oder Lohn auszahle, die Belastung durch Steuern und Abgaben soll ungefähr dieselbe sein. Das Mittel war die Teilbesteuerung der Dividenden. Der steuerlichen Bevorzugung von Dividenden durch einen zu niedrigen Teilbesteuerungssatz wurde 2019 durch die Steuerreform STAF weitgehend ein Riegel vorgeschoben.
Bei den börsenkotierten Firmen beläuft sich die Dividende auf durchschnittlich 3% des Aktienwerts. Die Adressaten von Pfiffners Forderung sind deshalb primär die KMU. Nimmt man Dividende und Kurssteigerung zusammen, beläuft sich die Rendite der börsenkotierten Aktien auf durchschnittlich 8%. Für KMU verlangen Beteiligungsfonds jedoch eine Rendite von 10 bis 15%. Der Grund liegt im höheren Risiko der KMU-Aktien. Börsenkotierte Aktien lassen sich im Gegensatz zu Aktien von KMU immer leicht und schnell verkaufen. Wenn Pfiffner eine Dividende von über 10% als besonders hoch bezeichnet, ist dies im Fall der KMU realitätsfremd.
Pfiffner unterschätzt auch die Schwankungen bei den Gewinnen und Dividenden bei den KMU. In einem Jahr kann die Dividende bei 0%, im nächsten bei 20% liegen. Wieso in diesem Fall im zweiten Jahr AHV-Beiträge zu zahlen sind, während diese entfallen, wenn das Unternehmen jedes Jahr 10% auszahlt, ist nicht nachvollziehbar.
Nicht nachvollziehbar ist auch, warum Pfiffner als Bezugsgrösse das eingesetzte Kapital nimmt. Dieses besteht aus dem Eigenkapital und dem Fremdkapital. Die Dividende ist die Entschädigung für das Eigenkapital. Die richtige Bezugsgrösse ist der Marktwert der Aktien. Hier begegnen wir jedoch weiteren Problemen. Nicht nur wird der Marktwert der nicht börsenkotierten Aktien durch die Steuerbehörden mit einer eher fragwürdigen Methode festgelegt. Die Festlegung erfolgt auch mit Verzögerungen von ein bis vier Jahren.
Als ob der Probleme noch nicht genug wären, übersieht Pfiffner das wichtigste Problem. Ihr Vorschlag kann durch eine Einschaltung einer ausländischen Holding leicht umgangen werden. Ausländische Firmen zahlen keine AHV-Beiträge. Statt zu Mehreinnahmen für den Staat inklusive AHV würde Pfiffners Vorschlag eher zu Mindereinnahmen führen.
In Beantwortung von Eva Herzogs Postulat vom letzten Dezember wird der Bundesrat einen Bericht erstellen, in welchem Ausmass das von Pfiffner geschilderte Problem tatsächlich noch existiert. Sollte dies relevant sein, dann haben die Kantone ein einfaches Mittel zu dessen Lösung in der Hand: Sie müssen nur den Satz für die Teilbesteuerung anheben.
*Alfred Betschart, Unternehmer und Mitglied der ausserparlamentarischen Kommission KMU-Forum
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Gastbeitrag – AHV-Beiträge auf hohen Dividenden – eine unausgegorene Idee
Sollen zur Entlastung der AHV Dividenden teilweise als Arbeitseinkommen betrachtet werden? Davon wären primär KMU und nicht die Multis mit Dividenden in Milliardenhöhe betroffen.