AHV-Sanierung spart nur wenig ein
Wegen der vom Bundesrat geplanten Abfederung des Frauenrentenalters geraten sich Rechte und Linke in die Haare.

Aus Sicht von SP und Gewerkschaften plant der Bundesrat die AHV-Sanierung auf dem Buckel der Frauen. Diese müssten mit der Erhöhung des Rentenalters um ein Jahr die Zeche für die Reform (AHV21) zahlen, lautet die Kritik. Allerdings ist der Spareffekt des höheren Rentenalters relativ gering, wie die Finanzperspektiven des Bundesamtes für Sozialversicherungen (BSV) zeigen. Zwischen 2030 und 2045 wird die AHV unter dem Strich jährlich um rund 800 Millionen Franken entlastet, wenn Frauen ein Jahr später die Rente beziehen und ein Jahr länger AHV-Beiträge bezahlen. Bei einem jährlichen AHV-Defizit, das in dieser Periode wegen der steigenden Zahl von Rentnern von 5 auf 15 Milliarden anwächst, erscheint dies wie ein Tropfen auf den heissen Stein.
Der Grund liegt in den sozialen Begleitmassnahmen, die der Bundesrat vorsieht. Diese kosten ab 2030 jährlich rund 600 Millionen Franken, wogegen die AHV mit Frauenrentenalter 65 um 1,3 bis 1,4 Milliarden entlastet wird. Zwar wird die Abfederung nur den Frauen der Jahrgänge 1959 bis 1967 gewährt. Aber die Massnahmen wirken sich so lange auf die AHV-Rechnung aus, wie die Frauen der betreffenden Jahrgänge AHV-Renten beziehen. 2031, wenn die Abfederungsmassnahmen ein letztes Mal gewährt werden, kosten diese im selbigen Jahr rund 700 Millionen Franken. Diese Kosten reduzieren sich in den Folgejahren nur wenig und liegen 2045 noch immer bei 530 Millionen.
Spareffekt von 0,2 Prozent
Der Bundesrat begründet den sozialen Ausgleich damit, dass die Frauen mit dem höheren Rentenalter einen Teil zur AHV-Sanierung beitragen. Klar ist auch, dass ohne Abfederung die Erhöhung des Frauenrentenalters im Volk kaum mehrheitsfähig wäre. Und scheitert bereits die Angleichung des Rentenalters der Frauen an jenes der Männer, erscheint eine Erhöhung für Männer und Frauen über 65 Jahre hinaus ohnehin illusorisch.
Trotz sozialer Abfederung lehnen aber SP und Gewerkschaften das höhere Rentenalter für Frauen kategorisch ab. Der Linken spielt dabei die soziale Abfederung argumentativ in die Hände, weil der Bundesrat damit zugibt, dass das höhere Rentenalter zu Ungerechtigkeiten führt. Und je höher die Abfederung ausfällt, desto weniger zahlt sich Rentenalter 65 aus.
Der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) verweist auf die bundesrätlichen Zahlen, wonach für eine AHV-Reform ohne höheres Frauenrentenalter eine Anhebung der Mehrwertsteuer um 0,9 Prozentpunkte nötig wäre. Die Vorlage des Bundesrates sieht 0,7 Prozentpunkte vor. Es sei unverständlich, dass der Bundesrat wegen eines relativ geringen Unterschiedes von 0,2 Punkten die Hypothek des höheren Frauenrentenalters aufnehme, sagt SGB-Zentralsekretärin Gabriela Medici.
Kathrin Bertschy, Co-Präsidentin des Dachverbandes der Frauenorganisationen (Alliance F), befürwortet hingegen eine Angleichung des Rentenalters der Frauen an jenes der Männer. Dies unter der Bedingung, dass die Frauen mit ihren Erwerbsbiografien vom Rentensystem nicht mehr benachteiligt würden. Die vom Bundesrat vorgesehene Abfederung müsse deshalb gezielt für entsprechende Verbesserungen eingesetzt werden.
Gegen sozialen Ausgleich
Andere Schlüsse ziehen Arbeitgeber- und Gewerbeverband sowie FDP und SVP. Für die SVP und den Gewerbeverband sind die Begleitmassnahmen zur Erhöhung des Frauenrentenalters inakzeptabel. Die Finanzierungslücke der AHV nehme so grosse Ausmasse an, dass die Einsparung durch Frauenrentenalter 65 ganz der Sanierung der AHV zugutekommen müsse, fordert der Gewerbeverband. FDP und Arbeitgeber wollen für Begleitmassnahmen nur maximal 400 Millionen pro Jahr einsetzen.
Der Bundesrat sieht vor, dass die Frauen der Übergangsjahrgänge wählen können zwischen der Pensionierung mit 64 Jahren zu einem reduzierten Rentenkürzungssatz und einer Pensionierung mit 65 bei gleichzeitiger Aufbesserung der AHV-Rente. Frauen mit Jahreseinkommen bis maximal 56880 Franken können sogar ohne Rentenkürzung weiterhin mit 64 in Pension gehen.
Den grössten Effekt auf die AHV-Finanzen hat in der bundesrätlichen Reform die Erhöhung der Mehrwertsteuer. Dank zusätzlicher 0,7 Prozentpunkte fliessen ab 2023 jährlich über2 Milliarden in die AHV-Kasse. Bis 2045 steigt dieser Betrag wegen des Wirtschaftswachstums auf 3 Milliarden. Langfristig saniert ist die AHV damit aber nicht.
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