Airbnb geht an die Börse – und das Unbehagen wächst
Das Geschäft boomt, die Umsätze steigen – auch in der Schweiz, doch der Widerstand gegen die Plattform wächst.

Hierzulande steckt Airbnb in der Dauerkritik: Die Onlineplattform zügle in den Städten immer mehr Wohnungen vom Immobilienmarkt ab und treibe die Mieten in die Höhe, lauten die Vorwürfe. Quartiervereine wie die Vereinigten Altstadtleiste von Bern schauen deshalb genau hin, wie Präsidentin Barbara Geiser sagt: «In der Berner Altstadt sollen die Menschen möglichst wohnen und leben können. Vor allem kommerzielle Airbnb-Anbieter tragen aber dazu bei, dass der Bevölkerung Wohnraum entzogen wird.»
Die hiesige Tourismusbranche hat ebenfalls keine Freude am US-Unternehmen aus Kalifornien. Die Hotellerie stört sich daran, dass sie mit ungleich langen Spiessen kämpfen muss. Betreiber von Hotels haben verschiedene Auflagen zu erfüllen – etwa beim Brandschutz. Für Vermieter auf Airbnb gilt das nicht. Zudem entgehen vielen Tourismusorten die Kurtaxen.
Zum dritten Mal die Milliardengrenze geknackt
Quartierbewohner, Stadtpolitiker und Hoteliers dürften deshalb die aktuellen Pläne von Airbnb genau verfolgen. Die Firma hat am Donnerstag ihren Börsengang für das kommende Jahr angekündigt. Dieser findet voraussichtlich in New York an der Wallstreet statt. Die Mitteilung erfolgte einen Tag nach Bekanntgabe des Finanzergebnisses fürs zweite Quartal.
Von April bis Juni erwirtschaftete Airbnb einen Umsatz von über einer Milliarde Dollar. Es ist bereits das zweite Mal, dass die Firma in einem Quartal die Milliardengrenze geknackt hat. Analysten schätzen den Marktwert von Airbnb auf 31 Milliarden Dollar.
Über Airbnb werden inzwischen mehr als sieben Millionen Wohnungen und Häuser in mehr als 100'000 Städten rund um den Globus zur Kurzzeitmiete angeboten. In der Schweiz sind laut dem Walliser Tourismus-Observatorium 49'000 Airbnb-Objekte buchbar. Diese Zahl hat sich seit dem Jahr 2014 verachtfacht.
500 Millionen Franken Umsatz in der Schweiz
Das Wachstum basiert nicht nur auf der Aktivität von privaten Vermietern, auch kommerzielle Dienstleister wie Interhome, Inter Chalet oder E-Domizil nutzen Airbnb verstärkt als Vertriebsplattform. Die meisten Angebote sind in den Kantonen Wallis, Zürich, Waadt und Bern zu finden. Den Beherbergungsumsatz von Airbnb in der Schweiz schätzt das Walliser Tourismus-Observatorium auf knapp 500 Millionen Franken.
Mit dem zunehmenden Erfolg der Onlineplattform wächst das Unbehagen Airbnb gegenüber. Erste Städte und Kantone haben reagiert: In Interlaken hat der Gemeinderat diese Woche beschlossen, Airbnb in der Gemeinde einzuschränken. Neu sollen kurzzeitige Vermietungen in den Wohnzonen unterbunden werden.
Als «kurzzeitig» definiert der Gemeinderat eine Dauer von weniger als fünf aufeinanderfolgenden Nächten. Die Vermietung bleibt zulässig, wenn es sich um einzelne Zimmer in einer Wohnung handelt, in der die vermietende Person selber wohnt.
Die Stadt Bern hat vor, das Geschäft mit den Airbnb-Wohnungen ganz zu stoppen – zumindest in der Altstadt.
«Es braucht Regeln»
Beim Quartierverein Hirschmatt-Neustadt im Luzerner Stadtzentrum löst Airbnb gemischte Gefühle aus: «Die Plattform erlaubt zwar eine neue Form des Reisens und lockt eine andere Art von Touristen nach Luzern», sagt Co-Präsident Markus Schulthess. «Aber es werden normale Mieter verdrängt.»
Es brauche deshalb Regeln. Schulthess will sich dabei an der Praxis von Metropolen wie Paris orientieren. Die französische Hauptstadt verlangt etwa von Anbietern auf Airbnb eine Anmeldung.
Das geht linken Stadtparlamentariern noch nicht weit genug. Sie verlangen von der Regierung, dass Luzern vor allem den Markt für kommerzielle Anbieter von Airbnb-Unterkünften stärker reguliert. Ansonsten erwägt die städtische SP eine Initiative. Das Volksbegehren sieht ähnliche Vorgaben vor wie in Interlaken.
Genf schreibt eine Obergrenze für Privatvermieter auf Airbnb von 90 Tagen vor. Ursprünglich hatte der Kanton eine Limite von 60 Tagen vorgesehen, musste diese strengere Vorgabe wegen einer Klage aber wieder lockern. Das letzte Wort hat das Bundesgericht.
Deals mit mehreren Kantonen
Was die Kurtaxe betrifft, so hat sich Airbnb in der Deutschschweiz inzwischen mit mehreren Kantonen geeinigt. Das Unternehmen verpflichtet sich, die Abgabe einzuziehen. In Zürich, Zug und den beiden Basel nahm Airbnb nach eigenen Angaben im vergangenen Jahr gut 640'000 Franken an Kurtaxen ein. In Schaffhausen gilt der Vertrag seit Anfang 2019.
Airbnb weist die Vorwürfe zurück, wonach das Angebot den Wohnraum für die ansässige Bevölkerung verknappe. Die Mehrheit der Gastgeber auf Airbnb seien Bürger, die ihr Zuhause kurzzeitig vermieten, wenn sie selbst verreist seien. Zudem werde keine Wohnfläche entzogen, solange eine Person die Wohnung vermietet, in der sie ohnehin wohne.
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