Am Grimselpass drohen weitere Murgänge
Die Grimselpassstrasse könnte in Zukunft noch stärker durch Murgänge bedroht werden als heute. Eine Studie zeigt zu den bereits bekannten sechs weitere Gefahrenstellen auf.

In den vergangenen vier Jahren gingen bereits im Gebiet Rotlaui und Spreitgraben in der Nähe der Ortschaft Guttannen grössere Murgänge nieder und verfrachteten riesige Geschiebemengen in die noch junge Aare. Die Sohlenlage der Aare wurde dadurch stellenweise um mehr als 20 Meter angehoben.
Die Ursache dieser Murgänge ist im Klimawandel zu suchen. Die Gletscher ziehen sich immer weiter zurück und der Permafrost taut wegen des wärmeren Klimas auf. Der Fels im Hochgebirge wird bröcklig. Niederschläge reissen das lose Gestein mit und lösen so die Murgänge aus.
Bisher sei der Kanton Bern von diesen Ereignissen jeweils überrascht worden, sagte Kreisoberingenieur Markus Wyss an einer Medienkonferenz in Innertkirchen. Um potenzielle Gefahren frühzeitig zu erkennen und entsprechend reagieren zu können, habe der Kanton deshalb eine Korridorstudie zur Grimselpassstrasse erarbeiten lassen.
Diese Studie zeigt nun auf, wo sich in Zukunft weitere Gefahrenherde bilden könnten. Doch ob diese Stellen tatsächlich je zu einer Gefahr werden und wie gross die Murgänge sein könnten, lässt sich laut Wyss in keiner Weise voraussagen.
Keine Sicherheit
«Wir müssen wohl akzeptieren, dass wir nie mit Sicherheit werden sagen können, wann, wo und was in welchem Ausmass geschehen wird, betonte auch die bernische Bau-, Verkehrs- und Energiedirektorin Barbara Egger. Daher brauche es eine anpassungsfähige Strategie, um diesen Naturgefahren zu begegnen.
Bedroht von den Murgängen ist nicht nur die Grimselpassstrasse, sondern auch vereinzelte Gebäude, insbesondere im Weiler Boden bei Guttannen. Ein Haus musste bereits aufgegeben werden. In der Gemeinde wird deshalb intensiv diskutiert, ob weitere Gebäude abgerissen werden müssen oder ob Schutzdämme eine mögliche Lösung wären.
Für die Leute im Weiler Boden sei die Situation sehr schwierig, sagte der Guttanner Gemeindepräsident Hans Abplanalp am Rande der Medienonferenz. «Vor allem die Ungewissheit, dass man nicht sagen könne, ob und wenn ja, was geschehen werde, setzt den Menschen zu, führte Abplanalp aus. Weggezogen ist gemäss dem Gemeindepräsidenten aber noch niemand.
Flexible Lösung
Für die Passstrasse, den Lebensnerv des Tals, hat der Kanton verschiedene Möglichkeiten geprüft. Die sicherste, aber mit 280 Millionen Franken auch die teuerste Lösung wäre eine Kombination von Brücke und einem langen Tunnel, um die Gefahrenstellen zu umfahren. Die Bauzeit würde wohl acht bis zehn Jahre in Anspruch nehmen.
Denkbar wäre auch eine mittlere Strategie mit etwas geringerem Aufwand. Doch beide Varianten hätten den Nachteil, dass die Strasse bis zum Ende der Bauzeit nicht geschützt wäre, betonte Egger.
Weil nicht vorhersehbar sei, wann und in welchem Ausmass sich Murgänge ereignen könnte, bestehe das Risko, dass der Kanton voreilig teure Investitionen für Tunnel und Brücken tätige, die dann das Problem letztlich nicht lösten.
Es gebe nichts anderes, als die Gefahrenstellen zu überwachen und Sofortmassnahmen vorzubereiten, die dann im Ereignisfall angewendet werden könnten, schloss Egger deshalb aus der Studie. Der Bestand der Grimselpassstrasse sei trotz alledem nicht in Frage gestellt, betonte die Regierungsrätin.
Studie fürs ganze Oberland
Schmelzende Gletscher und auftauender Permafrost sind nicht nur im Grimselgebiet ein Thema. Der Kanton Bern ist deshalb zusammen mit dem Bund daran, bis Ende 2014 eine Studie für das gesamte Berner Oberland zu erarbeiten.
«Wir gehen derzeit nicht davon aus, dass wegen des Klimawandels ganze Täler im Berner Oberland nicht mehr bewohnbar sind», sagte Egger. Veränderungen werde es aber geben. Diese dürften sich aber in verhältnismässig kleinen Räumen abspielen, so wie dies eben am Grimselpass der Fall sei.
SDA/cls
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch