Neues Zürcher VerkehrsregimeAn diesen Kreuzungen dürfen Velos bei Rot rechts abbiegen
Die Stadt enthüllt bis Ende Woche Dutzende kleine Schilder, die die Ausnahmeregel signalisieren. Vortritt gewährt diese aber nicht immer.

Es dürfte eines der häufigsten – nicht geahndeten – Verkehrsdelikte von Zweiradfahrern gewesen sein: Sie bogen an Kreuzungen rechts ab, obwohl die Ampel sie zum Warten anwies. Seit Anfang Jahr ist dies im ganzen Land offiziell erlaubt, aber nur an Kreuzungen, auf denen das Abbiegen entsprechend ausgeschildert ist. Die Stadt Zürich setzt dies an 81 Verzweigungen um.
Die entsprechenden Signalisationen sind zwar schon angebracht, aber noch nicht alle «enthüllt», wie Nadja Häberli von der Dienstabteilung Verkehr sagt. Das werde bis Ende Woche geschehen.
Bereits länger sichtbar sind die Schilder vor der Hauptwache der Stadtpolizei Zürich in der Innenstadt. So dürfen da Velofahrende zufahren, die von der Rudolf-Brun-Brücke kommend rechts in den Bahnhofquai abbiegen wollen, wenn die Ampel auf Rot steht.
Erster Vorstoss schon 2012
Auf politischer Ebene gab es in der Stadt Zürich bereits mehrere Vorstösse für eine solche Regelung. 2012 hatten Matthias Probst (Grüne) und Marcel Schönbächler (CVP) ein Postulat mit der entsprechenden Forderung eingereicht. Sie wollten damit an stark frequentierten Kreuzungen den Verkehrsfluss für Velofahrende verbessern.
Doch die Stadt sperrte sich gegen einen Pilotversuch, wie er etwa in Basel 2013 gewagt wurde. Dafür brauche es eine Änderung des Strassengesetzes auf Bundesebene, hiess es damals bei der Dienstabteilung Verkehr (lesen Sie dazu das Interview mit dem Sprecher).
Stadt kontrolliert die Wirkung
Auch jetzt will die Stadt die Regelung noch nicht an allen Kreuzungen umsetzen, sondern zuerst überprüfen, wie sich die Massnahme auf den gesamten Verkehrsfluss auswirkt. Im Testbetrieb hat sie im November auf zehn Kreuzungen beobachtet, ob es zu Konflikten zwischen den Verkehrsteilnehmern kommt, etwa bei der Abzweigung von der Rudolf-Brun-Brücke in den Bahnhofquai, bei jener von der Sihlbrücke in die Kasernenstrasse und von der Thurgauerstrasse in Wallisellenstrasse. «Die Massnahme funktionierte überall gut», sagt Nadja Häberli.
Die Beobachtungen würden im Frühling sowie im November 2021 wiederholt. Basierend auf dieser Wirkungskontrolle werde dann darüber entschieden, an welchen Orten die Signalisation ebenfalls umgesetzt werden könne. Das Vorgehen der Stadt hat Sicherheitsvorsteherin Karin Rykart (Grüne) auch in einem Video erläutert.
Die neue Regelung gilt auch für E-Trottis, Mofas und schnelle E-Bikes. Zufahren heisst aber nicht vorfahren: Sämtliche rechts abbiegende Verkehrsteilnehmer sind vortrittsbelastet. Das heisst: Sie müssen Fussgängern, die während der Rotphase der Autos die Strasse bei Grün queren, den Vortritt lassen.
Mehr Massnahmen nötig
Die städtische SVP war seit der ersten Stunde Gegnerin der Massnahme. Etwas abgeändert gefiel ihr die Regelung aber dennoch: Auch Autofahrer sollten an ausgesuchten Kreuzungen ein Recht auf Rechtsabbiegen bei Rot haben, forderte sie in einem Vorstoss im Parlament. Damit sollte der Verkehrsfluss verbessert werden.
Der Gemeinderat sprach sich im vergangenen November aber vehement dagegen aus, dass sich die Stadt beim Bund um die Bewilligung für einen entsprechenden Pilotversuch bewirbt. Stadträtin Rykart stufte diese Idee für gefährlicher ein als das Rechtsabbiegen der Velos.
Für den Stadtrat trägt die neue Regelung massgeblich zu einem besseren Verkehrsfluss bei. Er will diese «unter Einhaltung strenger Sicherheitsstandards und der gesetzlichen Vorgaben an geeigneten Örtlichkeiten einführen.»
Zudem ist die neue Regelung für die Stadt eine zusätzliche Massnahme für mehr Sicherheit der Velofahrenden, welche sich die Stadt seit Juni 2019 als Schwerpunkt vorgenommen hat. Nach dem Ja zur Abstimmung «Sichere Velorouten» ist die Stadt Zürich dazu verpflichtet, diverse Verbesserungen im Velonetz umzusetzen.
Fehler gefunden?Jetzt melden.