An allen Krisenherden der Welt zu Hause
Es ist eine undankbare Aufgabe, die Lakhdar Brahimi nun wahrscheinlich übernimmt: Syrien den Frieden zu bringen. Der UNO-Diplomat hat aber auch schon eine Koalition für Afghanistan zusammengebracht.

Er war an allen Krisenherden der Welt zu Hause und hatte eigentlich schon vor Jahren seinen Dienst quittiert. Zur Ruhe gekommen aber ist Lakhdar Brahimi nie. Jetzt kehrt der 78-Jährige zurück an die vorderste Front der Krisendiplomatie – und übernimmt wahrscheinlich den wohl undankbarsten Job, den die UNO derzeit zu vergeben hat: Der frühere algerische Aussenminister soll laut Diplomaten neuer internationaler Syrien-Sondergesandter werden. Sein Vorgänger Kofi Annan hatte angesichts der eskalierenden Gewalt in Syrien und der Blockade im UNO-Sicherheitsrat entnervt das Handtuch geworfen.
Annan und Brahimi kennen sich gut: Für den einstigen UNO-Generalsekretär reiste der Algerier zu Krisenmissionen in aller Welt. Von 1997 bis 1999 und nochmals von 2001 bis 2004 vertrat er die UNO in Afghanistan. Unter seiner Vermittlung kam es im Dezember 2001 zu den Petersberger Beschlüssen. Auf dem Petersberg bei Bonn brachte Brahimi nach dem Sturz der Taliban eine Koalition aus ehemaligen Kriegsherren, Vertretern ethnischer Gruppen und Vertrauensleuten ausländischer Mächte zusammen, die sich für Afghanistan im Grossen und Ganzen als tragfähig erwies.
Ein Diplomat, der Klartext spricht
2004 übernahm er wenige Monate nach dem tödlichen Anschlag auf den UNO-Beauftragten Sergio Vieira de Mello eine überaus heikle Mission in Bagdad, wo er die Möglichkeit von Wahlen evaluieren sollte. Anschliessend wurde er nach Sri Lanka entsandt, um für die Beibehaltung des Waffenstillstands zwischen der Regierung und den tamilischen Rebellen zu sorgen.
Brahimi ist ein Diplomat, der nicht seichte Formulierungen wählt, sondern Klartext spricht. «Hinter seiner Eleganz und seiner Höflichkeit beeindruckt er dadurch, dass er weiss, was er will», sagte einmal ein ehemaliger Mitarbeiter. Als Annans Beauftragter für den Irak forderte Brahimi die Verurteilung von US-Soldaten nach der Misshandlung irakischer Gefangener und bezeichnete im Juni 2004 den damaligen US-Zivilverwaltungschef Paul Bremer in Bagdad als «Diktator».
Dass er vor deutlichen Worten nicht zurückschreckt, demonstrierte Brahimi im April 2004 auch mit einer Bemerkung über Israel. Die Politik der israelischen Regierung sei Gift für die Region, sagte Brahimi damals im französischen Rundfunk. Dies sei die persönliche Meinung eines willensstarken Mannes, versuchte ein Sprecher Annans abzuwiegeln. Doch Brahimi setzte nach und beharrte darauf, er habe eine Tatsache und keine Meinung geäussert.
Früher algerischer Botschafter
Seine Karriere als Diplomat begann Brahimi nach dem Politik- und Jurastudium in den 50er Jahren als Vertreter der algerischen Nationalen Befreiungsfront (FLN) in Jakarta. Aus dieser Zeit stammen seine Kontakte zu Führern der Blockfreien-Bewegung. Nach der Unabhängigkeit Algeriens wurde er Botschafter seines Landes in Kairo, Khartum und London, von 1991 bis 1993 war er dann Aussenminister. Im Auftrag der Arabischen Liga und der UNO vermittelte er in Libanon, Südafrika, Zaire, Jemen, Liberia, und Haiti.
Im Dezember 2005 ging er offiziell in den Ruhestand, war aber schon bald für eine Mission um die sudanesische Krisenregion Darfur im Einsatz. 2009 leitete er eine Expertengruppe, um Empfehlungen zur Sicherheit von UNO-Mitarbeitern zu erarbeiten, ausserdem gehört er wie auch der frühere US-Präsident Jimmy Carter oder der südafrikanische Erzbischof Desmond Tutu der von Nelson Mandela ins Leben gerufenen Gruppe «The Elders» an, die sich für den Weltfrieden einsetzt.
Brahimi, der fliessend Arabisch, Englisch und Französisch spricht, gilt als profunder Kenner der internationalen Beziehungen und hat sich bei seinen zahlreichen Kriseneinsätzen den Respekt seiner Verhandlungspartner gesichert. Ob das für die Lösung des blutigen Konflikts in Syrien ausreicht, und ob er mehr Erfolg als Annan haben wird, scheint jedoch äusserst ungewiss. Für Anfang kommender Woche wird die Ernennung Brahimis erwartet.
AFP/mw
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