
Sicher, es ist unhöflich, an einem Geschenk herumzumäkeln. Geschenkter Gaul und so weiter. Was aber, wenn der Schenkende für sein Geschenk in eine Kasse langt, die dem Beschenkten gehört? Denn genau das passiert, wenn die Zürcher Kantonalbank zusätzlich zur ordentlichen Gewinnausschüttung eine Sonderdividende von 150 Millionen Franken auszahlt.
Ja, klar: Die Zürcherinnen und Zürcher sind die Kapitalgeber der Bank, also das was bei privaten Banken die Aktionäre sind. Und noch mehr: Viele Zürcherinnen und Zürcher sind auch noch die Kundinnen und Kunden der Bank und sorgen damit für deren schöne Gewinne.
Zur Erläuterung etwas Geschichte. Johann Jakob Keller (1823-1903), Textilunternehmer und Politiker aus Fischenthal im Zürcher Oberland, hatte eine «Bank des Zürcher Volkes» im Sinn, als er vor 150 Jahren den Anstoss zur Gründung der ZKB gab. Bankvater Keller war geprägt durch den Bankrott seines Vaters. Er sah den Bedarf für eine Bank, die auf die Bedürfnisse von Handwerkern und Kleinunternehmern zugeschnitten ist.
Die ZKB ist die Bank des Volks, durch das Volk und für das Volk
An den Besitzverhältnissen und der Zweckbestimmung der Kantonalbank hat sich seither nichts Grundsätzliches geändert. Nur ist im aktuellen Kantonalbankgesetz juristisch gewunden von einer «selbständigen Anstalt des kantonalen Rechts» die Rede. Das heisst: Der Kanton stellt das für den Bankbetrieb nötige Kapital zur Verfügung. Zudem haftet er via Staatsgarantie auch hundertprozentig für seine Bank. Kurz und pathetisch (und mit einer Anleihe bei Abraham Lincoln): Die ZKB ist die Bank des Volks, durch das Volk und für das Volk.
Dennoch ist die Kantonalbank keine Sozialanstalt. Das Gesetz verlangt, dass sie «nach kaufmännischen Grundsätzen» geführt wird. Die ZKB darf und soll also Gewinne machen. Ihr fällt das ja auch etwas einfacher als einer Privatbank, die auf keine Staatsgarantie zählen kann.
Als handle es sich bei den 150 Millionen um ein weitherziges Almosen, für das wir uns auf den Knien bedanken dürfen
Im Wettbewerb mit ihren Konkurrenten ist die Garantie für die ZKB also ein Vorteil, einer den er seinen Kundinnen und Kunden aber nicht vollständig weitergibt. Die Kantonalbank verdient prächtig Geld mit ihren Krediten für Zürcher Unternehmen und Hypotheken für Zürcher Eigenheimbesitzer. Der Reingewinn betrug 2018 fast 800 Millionen Franken.
Bei einer privaten Aktiengesellschaft entscheiden die Aktionäre, wie viel vom Gewinn in die Reserven fliesst und wieviel in ihre eigenen Taschen. Im Gegensatz dazu kann bei der ZKB Bankratspräsident Jürg Müller-Ganz gönnerhaft von einem Jubiläumsgeschenk ans Zürchervolk sprechen – ganz so, als handle es sich bei den 150 Millionen um ein weitherziges Almosen, für das wir uns auf den Knien bedanken dürfen.
Es ist unhöflich, sich mit fremdem Geld zum selbstlosen Wohltäter aufzuspielen
Es kommt noch dicker: Der Bankratspräsident gibt auch noch gute Ratschläge, wofür dieses Geld zu verwenden ist: «Wir würden uns freuen, wenn Kanton und Gemeinden unsere Jubiläumsdividende für besondere Projekte verwenden». sagte Ganz, «Vorhaben, die im ordentlichen Budget keinen Platz finden und somit einen aussergewöhnlichen Nutzen stiften.» Hehre Worte, aber deplatziert. Herr Ganz spricht vom Geld anderer Leute, nämlich unserem.
Gewiss, es ist unhöflich, an einem Geschenk herumzumäkeln. Unhöflich ist es aber auch, sich mit fremdem Geld zum selbstlosen Wohltäter aufzuspielen. An diesem geschenkten Gaul ist etwas faul.
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An diesem geschenkten Gaul ist etwas faul
Die ZKB will uns zu ihrem Jubiläum 150 Millionen Franken schenken. Blöd ist nur, dass uns das Geld sowieso schon gehört.