Angeschlagener Perrin will kandidieren
Die Diskussion um Yvan Perrins Gesundheitsprobleme sorgt in der Westschweiz für Schlagzeilen: Die Neuenburger SVP sieht das Privatleben ihres Kandidaten gefährdet, Perrin fühlt sich angegriffen.

3 Promille Alkohol im Blut, Dehydrierung, schwerer Zusammenbruch: So beschrieb «Le Matin» gestern die gesundheitlichen Probleme des SVP-Regierungskandidaten Yvan Perrin. Laut «Le Matin» sei Perrin am 19. Dezember 2012 ins Krankenhaus eingeliefert worden, wo er auf der Intensivstation behandelt werden musste. Zuvor habe sich der Neuenburger tagelang in seinem Haus verschanzt und sei nicht zu seinen Terminen erschienen.
Neuenburger SVP reagiert konsterniert
Für die Neuenburger SVP gefährden die Enthüllungen von «Le Matin» Yvan Perrins Privatleben. «Ja, Yvan Perrin ist nicht in Höchstform, das gebe ich zu», sagte Wahlkampfleiter Walter Wilener gegenüber der «Tribune de Genève» und «24 Heures». Was ihm aber noch mehr Sorgen mache als die Gesundheit Yvan Perrins, sei «die Gesundheit eines Kantons, wo Patientendossiers publik gemacht werden». Auch der letzte Woche zurückgetretene Vizepräsident der Neuenburger SVP, Raymond Clottu, reagierte empört: «Wer hat das Recht, sich auf diese Weise in das Privatleben eines Menschen einzumischen? Ich möchte nur noch einmal in Erinnerung rufen, dass in unserem Land auch kein Arbeitgeber das Recht hat, sich medizinische Informationen über seine Angestellten zu besorgen. Nur Yvan Perrin kann entscheiden, ob er sich stark genug fühlt oder nicht. Sollte er wirklich an schweren Depressionen leiden, wird man das rasch merken.»
Auch die Genfer SVP-Nationalrätin Céline Amaudruz wirft dem Neuenburger Kantonsspital vor, das Arztgeheimnis missbraucht zu haben. Claude Alain-Voiblet, SVP-Koordinator der Romandie, sagte gegenüber der Westschweizer Presse: «Es wurden so viele Dinge gesagt, dass ich nichts hinzufügen möchte. An der Parteispitze wird sich niemand äussern.» «Ich sage nicht, dass die SVP nichts unternehmen wird, aber wir werden nicht in Zeitungen handeln», fügte er hinzu.
Perrins Gegner wollen Lage nicht ausnutzen
Yvan Perrins Gegner wollen die angeblichen Gesundheitsprobleme des SVP-Kandidaten nicht für sich nutzen, wie der Präsident der Neuenburger SP erklärte: «Die SP wird die Gesundheit eines Kandidaten nicht als Wahlkampfargument nutzen.» Was, wenn Yvan Perrin gewählt wird? «Dann ist es für mich ein Problem, weil er SVPler ist. Wenn er seine Aufgabe nicht meistern kann, müssen er und seine Partei die Verantwortung übernehmen.» Auch seitens der FDP gibt es keine harten Töne gegen Yvan Perrin: «Es wird Zeit, zum richtigen Wahlkampf überzugehen», meinte Damien Humbert-Droz, Präsident der Neuenburger FDP.
Yvan Perrin selbst sieht in den Enthüllungen zu seinem Zusammenbruch eine politische Strategie: Auf telefonische Anfrage sagte er gegenüber der «Tribune de Genève» und «24 Heures», es werde versucht, ihn zu destabilisieren: «Yvan Perrin wird angegriffen, weil Yvan Perrin im Wahlkampf Angst macht.» Entscheiden müsse schliesslich das Neuenburger Stimmvolk. «Ich werde mich auf die Politik konzentrieren und an Podiumsdiskussionen teilnehmen. Jeder wird selbst über meine psychische Verfassung urteilen können», sagte Perrin am Telefon. Die Angriffe auf seine Person sieht er als «zusätzliche Motivation».
«Ich liebe das Leben sehr»
Auf die Frage, was am 19. Dezember 2012 tatsächlich passiert sei, antwortete Perrin: «Ich hatte Angst vor einem Burn-out-Rückfall.» Einen möglichen Suizidversuch weist der Regierungsratskandidat entschieden zurück: «Ich liebe das Leben sehr. Die Vorstellung des Selbstmords ist mir total fremd.» Die Enthüllungen von «Le Matin» seien übertrieben, sein Leben sei nicht in Gefahr gewesen: «Hätte ich in Lebensgefahr geschwebt, hätte mich das Krankenhaus hoffentlich nicht am nächsten Tag entlassen.»
Perrin sorgt in der Westschweiz schon länger für Schlagzeilen: Neben den Zweifeln an seiner gesundheitlichen Verfassung wurde vor einigen Wochen auch bekannt, dass Perrins Sicherheitsfirma in den Skandal um das Asylzentrum von Perreux NE involviert war: Mehreren Sicherheitskräften wird vorgeworfen, Asylbewerber sexuell missbraucht zu haben. Laut Neuenburger Recht kann Yvan Perrin seine Kandidatur noch bis am 5. März zurückziehen, am 14. April finden die Regierungsratswahlen statt. Als alleiniger Kandidat der SVP wird sich Perrin gegen zehn andere Kandidaten behaupten müssen.
(cor)
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