Angriff auf Nestlé zahlt sich aus
In der Schweiz läuft es beim Industriearm von Migros harzig. Doch das Geschäft mit Kaffeekapseln im Ausland floriert. Daher lanciert M-Industrie ein neues Produkt.

Seine grossen Erfolge liegen einige Jahre zurück. Dennoch füllt Robbie Williams noch immer Stadien – das nächste Mal in diesem Sommer, wenn sich der Brite zwischen Juni und September auf Tour begibt. Im London Stadium, dem Münchner Olympiastadion, dem Letzigrund in Zürich und an vielen anderen Orten Europas werden sich die Fans dann zu Hits wie Angels, Eternity oder Feel schmachtend-grölend in den Armen liegen.

Nicht nur Fans freuen sich auf die Tour des Ex-Take-That-Stars, sondern auch Walter Huber, Chef von M-Industrie, dem Produktionsarm der Migros. «Durch die Europatour von Robbie Williams werden wir Rückenwind erhalten», sagt Huber. Der Grund: Die zu M-Industrie gehörende Kaffeetochter Delica stellt unter anderem die Marke Kaffee Royal her. Und für die agiert Robbie Williams seit einigen Jahren als Werbebotschafter im Geheimagenten-Look.
Kapseln als Wachstumstreiber
Die Kaffee-Royal Kapseln sind kompatibel mit Nespresso-Maschinen. Und sie sind ein Star im M-Industrie-Sortiment. «Bei der Entwicklung des internationalen Geschäftes ist das Kapselgeschäft unser Zugpferd», so Huber zu Redaktion Tamedia. Neben den Café-Royal-Kapseln hat Migros das Sortiment 2016 um die Twin-Kapseln erweitert. Sie sind kompatibel mit dem Dolce-Gusto System von Nestlé und stellen fertige Mischgetränke wie Cappucchino oder Latte Macchiato her.
Den Schub im Internationalen Geschäft braucht M-Industrie – im Heimmarkt läuft es harzig. «Im Schweizer Markt geht es derzeit ums Halten», sagt Huber. Vor allem das Grosshandelsgeschäft schwächelte wegen einer geringeren Nachfrage aus der Tourismusbranche und der Gastronomie und verbuchte einen Umsatzrückgang von 1,7 Prozent. Genauso schlecht lief es bei Brot-, Back-, Teig- und Eiswaren. Huber nannte mangelnden Hunger auf Glace im Sommer als einen Grund.
2015 erzielte M-Industrie im Inland insgesamt ein Umsatzwachstum von nur 0,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Im Ausland, das mit 790 Millionen rund 12 Prozent des Gesamtumsatzes von rund 6,4 Milliarden Franken ausmacht, ergab sich ein Plus von 16 Prozent. Damit es mit dem Wachstum so weitergeht, definierte Huber bei der Präsentation die Weiterentwicklung des Kapselgeschäfts als eines der Hauptziele im internationalen Bereich.
Wachstum erhofft sich Migros dort nicht nur dank Robbie Williams. M-Industrie weitet den Angriff auf Kapselpionier Nespresso nun noch auf ein weiteres Feld aus. Café Royal drängt ins Büro. Das heisst: Neben den herkömmlichen Nespresso-Kopien bietet die Marke nun auch sogenannte Pads an, die mit dem Nespresso Professional System kompatibel sind. Die Professional-Maschinen richten sich an Geschäftskunden und funktionierten nur mit flachen Pads. Sie sind laut Nestlé für intensiven Gebrauch und hohes Kaffeevolumen entwickelt worden. Ein wohl auch gewollter Nebeneffekt: Die andere Form der Pads gegenüber Kapseln verhindert, dass Mitarbeiter sie für den Eigengebrauch daheim stibitzen.
Erfolgreicher Test
Über die Grösse des Marktes macht Nestlé keine Angaben. Doch das Unternehmen zählt viele grosse Firmen zu den Kunden: Hotelketten wie Swissôtel, Pullmann oder Radisson ebenso wie Fluggesellschaften oder Kantinen. Kein Wunder also, dass Migros etwas vom Kuchen abhaben will. Seit fast einem halben Jahr habe man das System in den Testmärkten Frankreich und Schweiz getestet, berichtet Huber. Das sei gut gelaufen. In diesem Jahr soll das neue Produkt in anderen europäischen Märkten eingeführt werden.
Einen genauen Zeitpunkt für die Lancierung nennt Huber noch nicht. Ein Angriff auf Nestlés Kapseln birgt auch rechtliche Risiken. So hatte Nestlé etwa im Vergangenen Jahr kurz nach der Einführung der Twin-Kapseln von Migros das Bundespatentgericht in St. Gallen um ein Verkaufsverbot für die Migros-Kapseln ersucht.
Nestlé blitzte mit der Klage ab, weil das Gericht keine Verletzung des Patent-rechts feststellen konnte. Auch jetzt sieht sich Huber auf der sicheren Seite. «Wir klären das patentrechtliche Umfeld gut ab», so der M-Industrie-Chef. «Wenn dann trotzdem Rechtsstreitigkeiten kommen, sind wir relativ beruhigt.» In diesem Fall kann er das auch sein. Wie Nespresso auf Anfrage von Redaktion Tamedia erklärt, sind derzeit keine rechtlichen Schritte wegen des Office-Systems geplant.
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