Ankara will EU-Beitritt bis 2023
Die Türkei will binnen sechs Jahren Mitglied der Europäischen Union werden. Angesichts der schweren Krise im Land gibt sich Brüssel jedoch zurückhaltend.

Die EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei gehen seit Jahren nur schleppend voran. Ausgerechnet nach den jüngsten Spannungen setzt der EU-Botschafter Ankaras nun eine klare Frist: EU-Beitritt bis 2023. Brüssel hält sich zurück und wiegelt ab.
Ungeachtet der schweren Krise im Land nach dem Putschversuch und der jüngsten Spannungen mit der EU will die Türkei binnen sechs Jahren Mitglied der Europäischen Union werden. «Die türkische Regierung will der EU vor dem Jahr 2023 beitreten», sagte der türkische EU-Botschafter Selim Yenel der Zeitung «Welt» vom Freitag.
Er verwies darauf, dass die türkische Republik im Jahr 2023 hundert Jahre alt werde. «Es wäre die Krönung für mein Land, dann Mitglied der Europäischen Union zu sein», sagte der türkische Diplomat.
Kandidatenstatus seit 1999
Die Beitrittsgespräche mit der Türkei ziehen sich seit Jahren in die Länge. Das Land hat bereits seit 1999 Kandidatenstatus, seit 2005 laufen die offiziellen Verhandlungen. Bislang wurden von 35 Beitrittskapiteln lediglich 14 in Angriff genommen.
Sein Land strebe eine «vollwertige Mitgliedschaft» an, sagte Yenel. «Für uns wäre es langfristig nicht akzeptabel, nicht zur EU zu gehören. Der EU-Beitritt ist sehr wichtig für uns.» Eine EU-Mitgliedschaft würde nach Einschätzung Yenels die Standards in der Türkei in allen Bereichen erhöhen, also in politischen und wirtschaftlichen Fragen, aber auch beim Verbraucher- und Gesundheitsschutz.
Juncker: Türkei «nicht beitrittsfähig»
Brüssel zeigte sich hingegen zurückhaltend. «Die Verhandlungen mit der Türkei werden sich über viele Jahre hinziehen», sagte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker in einem am Freitag von der EU-Kommission verbreiteten Interview der «Tiroler Tageszeitung» vom Donnerstag. Derzeit sei das Land weder beitrittsbereit noch beitrittsfähig. Ein absehbares Datum nannte er nicht.
Juncker warnte aber zugleich erneut davor, die Beitrittsgespräche mit der Türkei einzustellen. «Wir befinden uns ja nicht nur mit Herrn Erdogan und seiner Regierung im Gespräch, sondern streben eine Gesamtlösung an, die dem türkischen Volk von Nutzen sein wird», sagte er.
Haftbefehl gegen dutzende Akademiker
Derweil meldeten die türkischen Nachrichtenagenturen am Freitag, die türkische Staatsanwaltschaft wolle 146 Akademiker wegen mutmasslicher Verbindungen zur Gülen-Bewegung verhaften lassen. Die Bewegung wird von der Regierung für den Putschversuch vom vergangenen Monat verantwortlich gemacht. Die Polizei habe einen Grosseinsatz in 17 Provinzen gestartet und bereits 73 Akademiker festgenommen.
Die meisten der Gesuchten arbeiten demnach an der Selcük-Universität im anatolischen Konya sowie an der Universität Istanbul. Allein in Istanbul wurden 44 Hochschullehrer festgenommen, 29 weitere in Konya, darunter auch der Ex-Hochschulrektor Hakki Gökbel. In Istanbul wurden die Büros und Wohnungen der Verdächtigen durchsucht.
Asylverfahren für Militärs in Athen
In Griechenland begannen derweil am Freitag die Anhörungen zu den Asylanträgen von acht türkischen Soldaten, die während des Putschversuchs in der Türkei in das Nachbarland geflüchtet waren. Die acht Türken waren unmittelbar nach dem gescheiterten Putsch vom 15. Juli mit einem Armeehelikopter in Alexandroupolis gelandet.
Die Entscheidung über ihre Asylanträge soll nach Angaben der Behörden in zwei oder drei Monaten fallen. Sollte Griechenland dem Auslieferungsbegehren der Türkei nicht entsprechen, dürfte dies die bilateralen Beziehungen schwer belasten.
SDA/kat
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