Anklage, Verteidigung, Richter: Die Akteure beim Prozess
Morgen startet der Prozess um den Rupperswiler Vierfachmord: Wer da auftritt.
Der Gerichtsfall, welcher in der Schweiz und im Ausland für Schlagzeilen sorgte, findet vor dem Bezirksgericht Lenzburg im Kanton Aargau statt. Aus Platzgründen ist das Gericht in die Räumlichkeiten der Mobilen Polizei in Schafisheim verlegt worden. Knapp 100 Zuhörer finden in dem Provisorium Platz. Neben 65 akkreditierten Medienvertretern wurden noch Plätze für 35 Privatpersonen vergeben, wobei aus Platzgründen nicht alle Interessen berücksichtigt werden konnten. Der Prozess ist für vier Tage geplant. Am Dienstagmorgen werden zwei Gerichtspsychiater über ihre Gutachten referieren, am Nachmittag wird der Beschuldigte Thomas N. befragt. Am Mittwoch und Donnerstag plädieren die Staatsanwältin und die Verteidigerin sowie die Opfervertreter. Am Freitag fällt das Gericht das Urteil. Die wichtigsten Personen im Prozess:
Thomas N. Der heute 34-jährige Schweizer ist angeklagt, eines der schlimmsten Verbrechen in der Schweizer Kriminalgeschichte verübt zu haben. Der ewige Student aus Rupperswil lebte unweit des Tatorts bei seiner Mutter. Er ist geständig, am 21. Dezember 2015 in einem Einfamilienhaus in Rupperswil vier Personen getötet und einen 13-jährigen Knaben sexuell missbraucht zu haben. Bei den Opfern handelt es sich um die 48-jährige Hausbesitzerin Carla S., ihre beiden 13- und 19-jährigen Söhne sowie die 21-jährige Freundin des älteren Sohns. Was Thomas N. alles genau vorgeworfen wird, steht in der Anklageschrift.

Thomas N. war während vieler Jahre Juniorentrainer in der Region und war vor der Tat weder der Polizei noch den Behörden negativ aufgefallen. Er sei ein «unbeschriebenes Blatt» gewesen, sagte die Staatsanwältin.
Die Staatsanwältin Barbara Loppacher, die Leiterin der Staatsanwaltschaft Lenzburg-Aargau hat die Ermittlungen im Fall Rupperswil seit Beginn übernommen. Die 43-jährige Juristin wurde einer grossen Öffentlichkeit bekannt, als sie am 13. Mai 2016 an der Pressekonferenz der Untersuchungsbehörden und der Polizei über die Verhaftung des Vierfachmörders sachlich und ohne äussere Emotionen informierte – 146 Tage nach der Tat konnte die Polizei Thomas N. in der Aarauer Starbucks-Filiale verhaften.

Loppacher war während sechs Jahren SP-Einwohnerrätin im Stadtparlament in Baden und trat 2012 zurück. Loppacher war früher Gerichtsschreiberin am Aargauer Obergericht und wurde 2008 Staatsanwältin. Vier Jahre später wurde sie Leitende Staatsanwältin der grössten der sechs regionalen Staatsanwaltschaften im Kanton Aargau.
Die Verteidigerin Renate Senn heisst die Frau, die wohl den psychisch anspruchsvollsten und undankbarsten Job am Prozess hat. Die 47-jährige Rechtsanwältin ist Spezialistin für Strafrecht und muss die Interessen des mutmasslichen Vierfachmörders vertreten. Die Partnerin einer Badener Anwaltskanzlei ist amtliche Pflichtverteidigerin des Beschuldigten. Sie war von der Aargauer Oberstaatsanwaltschaft eingesetzt worden.

In einer Medienmitteilung nach der Annahme des Mandats schrieb sie, die Tat habe sie erschüttert und zutiefst betroffen gemacht. Sie werde ihre Arbeit mit allem Respekt und mit Würde gegenüber den Opfern und den Hinterbliebenen wahrnehmen, aber ihre Aufgabe als Pflichtverteidigerin gewissenhaft wahrnehmen.
Der Gerichtspräsident Daniel Aeschbach leitet den Prozess. Der 47-jährige Jurist ist seit 2009 Präsident am Bezirksgericht Lenzburg. Das SVP-Mitglied gilt laut verschiedenen Medienberichten als erfahrener Richter mit einer klaren Linie. Vor seiner Richterkarriere hatte er auf dem kantonalen Steueramt und als Anwalt mit eigenem Büro gearbeitet.
Die Gerichtspsychiater Die Staatsanwältin hat zwei Psychiater beauftragt, je ein Gutachten über Thomas N. zu erstellen. Bei den beiden Experten handelt es sich um zwei ausgewiesene Gerichtspsychiater: Elmar Habermeyer, seit 2009 Direktor der Klinik für Forensische Psychiatrie an der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich, und Josef Sachs, bis 2015 Chefarzt der Psychiatrischen Klinik Königsfelden im Kanton Aargau.

Beide Gutachter haben Thomas N. in den letzten Monaten mehrmals getroffen, die Untersuchungsakten studiert und unabhängig voneinander ein Gutachten verfasst. Die Schlussfolgerungen der Experten werden bei der Frage einer lebenslänglichen Verwahrung von Thomas N. eine wichtige Rolle spielen. Denn damit das Gericht eine lebenslange Verwahrung aussprechen kann, müssen zwei voneinander unabhängige Gutachter zum Schluss kommen, dass ein Verurteilter dauerhaft untherapierbar ist.
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Video: «Warum mussten die vier Menschen sterben?»
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