Anleger fliehen aus Vekselberg-Firmen
Der russische Oligarch muss seine Beteiligung an Sulzer abbauen – sonst drohen der Winterthurer Firma gesperrte Bankkonten in den USA.

16 Prozent verlor die Sulzer-Aktie gestern, die Titel von OC Oerlikon gaben 8,4 Prozent nach und Schmolz+Bickenbach büsste 7,6 Prozent ein. Die Anleger lassen die drei Schweizer Industrietitel wie heisse Eisen fallen. Die Traditionskonzerne haben mit Viktor Vekselberg und seiner Beteiligungsgesellschaft Renova denselben Hauptaktionär. Nachdem am Freitag bekannt wurde, dass der in Zug wohnhafte Milliardär zusammen mit weiteren russischen Oligarchen auf einer Sanktionsliste der US-Regierung steht, laufen die Drähte in den Schweizer Konzernen heiss.
Am grössten ist die Aufregung bei Sulzer. Das Winterthurer Unternehmen teilte gestern mit, dass man 5 Millionen Aktien von Renova zurückkaufe – das sind rund 14,6 Prozent aller Titel. Vekselberg verringert damit seine Sulzer-Beteiligung auf unter 50 Prozent. Dem Entscheid ging ein arbeitsreiches Wochenende voraus. Die am Freitag kurzfristig einberufenen Sitzungen und Telefonkonferenzen hielten bis Sonntag an. Die Lichter in den Chefetagen im Sulzer-Hochhaus brannten bis tief in die Nacht. Alle Verwaltungsräte, die Renova vertreten, hätten sich bei der Entscheidung zur Aktientransaktion enthalten, heisst es bei Sulzer.
Bankkonten in den USA gesperrt
Laut dem US-Finanzdepartement gelten die Sanktionsbestimmungen für Unternehmen, an denen die Mehrheit im Besitz der sanktionierten Person ist. So ist es in der «50-Prozent-Regelung» der amerikanischen Behörde festgelegt. Die Regel betrifft die Eigentumsverhältnisse, nicht aber die Kontrolle. Ein Unternehmen, das von einer oder mehreren gesperrten Personen kontrolliert wird (aber nicht zu 50 Prozent oder mehr), werde nicht automatisch blockiert, schreibt das Finanzministerium.
Für Sulzer wäre das verheerend. Mit dem Sanktionsentscheid würden die Konten in den USA teilweise gesperrt. Lohnzahlungen und die Begleichung von Rechnungen könnten getätigt werden, Transaktionen für Neugeschäfte wären hingegen nicht möglich.
Entsprechend gross war der Druck auf den 61-jährigen Vekselberg, seine Sulzer-Beteiligung abzubauen. Der Industriekonzern übernimmt bis Mitte Woche die 5 Millionen Aktien in einem komplexen Verfahren, wie ein Konzernsprecher sagt. Die Titel bleiben aber nicht beim Unternehmen; sie sollen bei Investoren platziert werden. Trotz der Beteiligungsreduktion ist die Gefahr bei Sulzer nicht gebannt. «Wir wissen noch nicht, ob unsere US-Konten bereits eingefroren wurden», sagte ein Sulzer-Sprecher. Aus Amerika gab es noch keine Reaktion auf den Vekselberg-Deal.

Sulzer dürfte die Transaktion aber freuen, denn es ist kein Geheimnis, dass man in Winterthur nie Freude hatte an der hohen Renova-Beteiligung. Zur Aktienmehrheit kam Vekselberg vor etwas mehr als zwei Jahren, als er zukaufte und eine Drittelsbeteiligung überschritt. Darauf musste er allen Aktionären ein Angebot unterbreiten – obwohl er keine Vollübernahme anstrebte. Das Pflichtangebot beinhaltete denn auch keine Prämie und betrug bescheidene 99,2 Franken pro Aktie. Als Sulzer an der Börse gleichzeitig nachgab, weil die schleppende Konjunktur Öl- und Gas billiger machte, gingen zahlreiche Aktionäre auf das Kaufangebot von Vekselberg ein.
Nun steht der Multimilliardär mit dem Rücken zur Wand und sieht sich gezwungen, knapp 15 Prozent der Beteiligung abzugeben. Bei der Transaktion diktierten die Sulzer-Leute die Konditionen. Vekselberg muss sich mit dem Erlös begnügen, den Sulzer bei der Aktien-Platzierung erzielen kann. Wie Experten sagen, wird bei solchen Geschäften in der Regel dem Verkäufer ein Discount verrechnet. Gestern Abend kostete eine Sulzer-Aktie noch 106 Franken.
«Wir wissen nicht, was den Cowboys noch alles einfällt»
Es bleibt abzuwarten, ob der Druck auf das Unternehmen und den Börsenkurs nachlässt. «Wir wissen nicht, was den Cowboys noch alles einfällt», kommentierte ein Analyst die Sanktionen der Trump-Regierung gegen die Oligarchen. Das Vorgehen ist ein Druckmittel im diplomatischen Krieg gegen den russischen Präsidenten Putin. In Bankenkreisen mutmasst man, es sei nicht auszuschliessen, dass doch noch an der 50-Prozent-Regel geschraubt werde. Die Amerikaner hätten bereits den Druck erhöht, indem sie nicht nur russische Firmen ins Visier nehmen, sondern auch westliche Unternehmen, die durch russische Oligarchen beherrscht werden.
Dies dürfte der Grund sein, weshalb die Aktionäre beunruhigt bleiben. An OC Oerlikon und Schmolz+Bickenbach ist Renova mit 40 Prozent beteiligt. Beide Firmen mussten keine Massnahmen ergreifen und teilten mit, dass man nicht von den Sanktionen gegen Vekselberg betroffen sei. Schmolz+Bickenbach schrieb: «Nach dem bisherigen Kenntnisstand erwarten wir keine wesentlichen Auswirkungen der Sanktionen auf unser Geschäft – weder in den USA noch in anderen Teilen der Welt.»
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch