Drohender Lockdown in ChinaWie Frau Wanwan aus dem iPhone-Werk floh und vierzig Kilometer zu Fuss lief
Wegen der Null-Covid-Strategie fürchteten Arbeiterinnen und Arbeiter, in den Anlagen eingeschlossen zu werden. Vielen gelang gerade noch rechtzeitig die Flucht.

Die Geschichte von Dong Wanwan geht derzeit um die Welt. Die 20-Jährige hatte in den letzten drei Monaten an den Produktionslinien eines Werks der Firma Foxconn in der chinesischen Stadt Zhengzhou gearbeitet.
Dort werden die iPhones von Apple zusammengebaut, die später in die ganze Welt verschifft werden, also auch in die Schweiz. Die Jobs bei Foxconn sind begehrt, sie gehören zu den bestbezahlten Arbeiterjobs des Landes.
Bis es vor wenigen Tagen zu einem Covid-Ausbruch im Werk kam.
Die Foxconn-Fabrik wurde zu einem «geschlossenen Kreislauf», berichtet die Nachrichtenagentur Bloomberg. Der riesige Komplex wurde von der Aussenwelt abgeschirmt. Gemäss Augenzeugenberichten türmte sich in den Gängen der Müll, es wurde immer schwieriger, an Lebensmittel heranzukommen. Infizierte berichten, dass sie sich nur noch mit Brot ernähren konnten.
Dong Wanwan sprach mit ihrem jüngeren Bruder, der ebenfalls im Werk arbeitete, und zusammen suchten sie das Weite. Vierzig Kilometer zu Fuss, das eigene Gepäck geschultert. «Foxconn hat es wirklich vermasselt. Ich glaube nicht, dass viele Leute zurückgehen wollen. Ich weiss, dass ich es nicht tun würde», sagte Dong Wanwan gegenüber «Bloomberg News».
Die beiden waren nicht die Einzigen. In den sozialen Medien wurden reihenweise Bilder und Videos von Arbeiterinnen und Arbeitern geteilt, die aus Zhengzhou flüchteten.
Die Firma versuchte die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter umzustimmen. Gemäss der «Deutschen Welle» lobte Foxconn eine Extraprämie pro Anwesenheitstag von 400 Yuan (55 Euro) aus.
Manche liessen sich davon aber nicht umstimmen, die Menschen hatten Angst, wegen des drohenden Lockdown in den Anlagen eingeschlossen zu werden. Die Sorge ist berechtigt. Gemäss offiziellen Angaben dürfen seit Mittwoch die Menschen in der Region ihre Wohnungen nur noch in Ausnahmefällen verlassen. Beispielsweise um einen Corona-Test zu machen oder um medizinische Notfallbehandlungen in Anspruch zu nehmen.
Die staatsnahen Medien berichten emotionslos über den Vorgang. So schreibt etwa die chinesische «Global Times»: «Die Flughafen-Wirtschaftszone Zhengzhou in der zentralchinesischen Provinz Henan, in der sich das Foxconn-Werk Zhengzhou befindet, teilte am Mittwoch mit, dass die Zone ab Mittwochmittag für sieben Tage unter ‹statisches Management› gestellt wurde, um die Personalströme zu reduzieren und die Übertragung von Viren zu verringern.»
Und weiter: «Auf dem Foxconn-Gelände, das rund 200’000 Arbeiter beherbergt, ist dank der gemeinsamen Anstrengungen des Unternehmens und der örtlichen Regierung die normale Ordnung wiederhergestellt.»
Das heisst: Für eine Flucht ist es nun zu spät. Dong Wanwan war da schon weg. Gemäss Medienberichten war ihre Reise aber nur möglich, weil Anwohner, die über die sozialen Medien auf die Massenflucht aufmerksam wurden, Wasserflaschen und Snacks an den Hauptverkehrsachsen abgestellt haben.
Der Lockdown hat auch Auswirkungen auf den US-Konzern Apple. Das Werk gilt als die wichtigste Produktionsstätte für iPhones. Gemäss Analystenschätzungen könnte die Produktion im nächsten Monat um bis zu 30 Prozent einbrechen. Foxconn hat aber schon damit begonnen, die Produktion in anderen Werken hochzufahren.
Wohl ohne die Hilfe von Dong Wanwan.
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