
Einmal in diesen 35 Tagen war es Florian Reber so richtig unwohl. Er fuhr mit dem Velo in den französischen Südalpen einen langen Tag durch Dreck und Morast und landete in einem kleinen Dorf. Es war Ende November und kalt und dunkel, es gab kein Hotel, keine Leute auf der Strasse, bis er ein Paar sah: zwei Aussteiger, Gelbwesten-Sympathisanten, die in einem alten Camper wohnten. Reber kam mit ihnen ins Gespräch und wurde eingeladen, über Nacht zu bleiben. Sie assen und tranken und sprachen. Über das Leben, über die Natur und darüber, dass sich gerade wichtige Dinge verschieben. Die soziale Gerechtigkeit in Frankreich, das Klima in der Welt.
Reber ging Anfang Winter auf eine Reise, von Triest über Ljubljana und Davos nach Cannes. Mit dem Fahrrad legte er über 1900 km und 35'000 Höhenmeter zurück, über schneebedeckte Pässe und durch grüne Täler. Sein Ziel: mit den Menschen über Natur und Klimawandel sprechen.
Er traf Bauern, die sich wegen des Klimawandels sorgen, und andere, die darob zweifeln. Einen Wissenschaftler, der die Auswirkungen des Klimawandels untersucht. Einen Bergführer, der Verschwörungstheorien über das Klima ausbrütet. Einen Holzunternehmer, der 20'000 Bäume im Sturm verloren hatte. Manche traf er zufällig, andere hatte er Wochen vorher angeschrieben. Häufig werde den Berglern ein engerer Horizont beschieden, sagt Reber, der Städter, doch das stimme eben nicht ganz. «Das Archaische, das Einfache ist oft erst die Grundlage, um die Natur zu verstehen», sagt Reber.
Weiter geht's in den Rocky Mountains
So kam er mit seinen Gesprächspartnern zum Schluss, der Mensch habe den Bezug zur Natur verloren. Er erzählt, wie ihm Menschen in allen Alpenländern mit Sorge berichteten, der Sommer komme immer früher, der Permafrost schmelze, ihre Region sei noch nie so ausgetrocknet gewesen wie dieses Jahr. Flüsse versiegten, Wiesen verdorrten. Man könne diese Anhäufung von Wetterextremen nicht genug betonen, sagt Reber.
Damit der heute 35 Jahre alte Unternehmensberater überhaupt losziehen konnte, musste er sich erst verletzen. Reber fuhr mit dem Velo durch die Stadt Zürich, als sich die Anzugstasche im Rad verhedderte. Es schleuderte ihn über die Lenkstange, und er knallte auf seine Schulter. Grosse Schmerzen, ein gesprengtes Schultergelenk und sechs Wochen Bettruhe. Viel Zeit, um nachzudenken – und ein Erweckungserlebnis. Der Plan, durch die Alpen zu fahren, wuchs in ihm. Er gab seinen Job in der Unternehmensberatung (Kerngebiet: Nachhaltigkeit) auf und zog Ende Oktober los. Er schrieb Erlebnisberichte, die er nun auf seinem Blog Talesofchange.earth im Internet veröffentlicht.
Mehr Bewusstsein für die Natur zu erlangen und es weiterzugeben, war Rebers Ziel. Im kleinen Rahmen ist das bereits aufgegangen. Er wird zu Referaten eingeladen und hat sich selbstständig gemacht, um sich wieder aufmachen zu können. Denn seine Klimareise ist noch nicht abgeschlossen. Geschichten aus den Rocky Mountains sollen bald folgen. Doch erst kommt eine Reise durch das Cerrado, die abgeholzte brasilianische Savanne. Die Abholzung sei ein Treiber des Klimawandels, sagt Reber. Die Welt soll es wissen.
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch
Auf dem Velo dem Klimawandel auf der Spur
Florian Reber fuhr durch die Alpen, um mit Bauern und Forschern zu sprechen. Er hörte viele Sorgen.