Streit unter US-Elektroautobauern«Auf frischer Tat ertappt» – Tesla unterstellt Konkurrenz Diebstahl
Tesla wirft dem Rivalen Rivian vor, nicht nur Personal-Wilderei zu betreiben, sondern auch «hochgradig geschützte» Batterietechnologie zu klauen.

Im September hat der US-Elektroautobauer Rivian um Gründer RJ Scaringe mit dem R1T den weltweit ersten vollelektrischen Pick-up in Serie auf den Markt gebracht – und damit etablierte Hersteller wie Tesla hinter sich gelassen.
Doch Tesla behauptet, dass das Start-up-Unternehmen aus Plymouth im US-Bundesstaat Michigan Geschäftsgeheimnisse gestohlen und absichtlich Mitarbeiter abgeworben habe. Die Firma von Gründer Elon Musk hatte Rivian deshalb bereits im Juli 2020 verklagt. Nun, über ein Jahr später, kommt ein neuer Vorwurf hinzu.
Rivian, bei dem unter anderen Starinvestor George Soros und Jeff Bezos’ Amazon finanziell beteiligt sind, soll sich von der Einreichung der Klage nicht nur unbeeindruckt gezeigt, sondern seine rechtswidrigen Bemühungen intensiviert haben. So habe Rivian nicht nur weiterhin hochrangige Mitarbeiter abgeworben, sondern zudem «hochgradig geschützte» Batterietechnologie geklaut. Dies berichtete das Wirtschaftsportal «Bloomberg» am Sonntag. Basierend auf einer Gerichtsakte vom September behauptet Tesla, dass abtrünnige Mitarbeiter «auf frischer Tat ertappt wurden», wie sie die Kerntechnologie für die nächste Generation von Tesla-Batterien stahlen.

Ein Richter am kalifornischen Bundesgericht in San José erlaubte Tesla Ende September, die neuen Behauptungen an das laufende Verfahren anzuhängen. Gleichzeitig machte der Richter aber deutlich, dass er die Richtigkeit der Ansprüche Teslas nicht absegne.
Rivian ist nicht klar, welche Geheimnisse gestohlen wurden
Rivian hat gegen sämtliche Klagen Einspruch erhoben. Die Behauptungen seien nicht durch Fakten gestützt. Rivian behauptet, dass sich Tesla seit Einreichung der Klage im Juli 2020 nicht wirklich kooperativ gezeigt habe. So wurde nie klar dargestellt, welche Geschäftsgeheimnisse gestohlen worden seien. Bereits im März hatte das 2009 gegründete Unternehmen einen ersten Antrag auf Abweisung der Ansprüche von Tesla verloren.
Die schlechte Presse kommt für Rivian nicht nur wegen der Auslieferung des allerersten Produktes zu einem ungünstigen Moment: Seit 2019 hat Rivian bereits 10,5 Mrd. Dollar für den baldigen Börsengang eingesammelt. Mit dem Börsengang sollen gemäss Schätzungen bis zu weitere 8 Mrd. Dollar dazukommen. Tesla hatte beim IPO gerade einmal 226,1 Mio. Dollar eingesammelt. Heute erzielen die Kalifornier eine Börsenbewertung von rund 750 Mrd. Dollar. Rivian könnte nach Schätzung der Nachrichtenagentur Bloomberg beim IPO auf eine Bewertung von 80 Mrd. kommen. Und einen Grossauftrag hat sich Rivian bereits gesichert: Amazon hat 100’000 elektrische Lieferfahrzeuge bestellt.
Der R1T hat erste Testfahrer bereits überzeugt. In Europa soll der Marktstart laut Branchenkennern Anfang 2022 erfolgen.
Den Produktionsstart des Cybertrucks hatte Elon Musk zuletzt für Ende 2021 in Aussicht gestellt. Beim Vorbestellen des E-Trucks findet sich aber im Kleingedruckten des Konfigurators der klare Hinweis darauf, dass die Produktion erst 2022 anlaufen wird. Gemäss Berichten gibt es für das Tesla-Gefährt bereits über 1 Million Reservierungen.
US-Jury verurteilt Tesla zu Millionenzahlung wegen Rassismus
Eine juristische Auseinandersetzung hat sich Tesla jüngst auch in Kalifornien geliefert: Dort hat eine Jury den Elektroautobauer wegen rassistischer Vorkommnisse in seinem Werk in Fremont zur Zahlung von 137 Millionen Dollar (gut 118 Millionen Euro) Schadenersatz verdonnert. Das Urteil erging am Montag vor einem Gericht in San Francisco auch deshalb, weil Tesla trotz Hinweisen nichts gegen die Beleidigungen unternommen haben soll, wie die Agentur Bloomberg News unter Berufung auf einen Anwalt des Geschädigten berichtete.
Geklagt hatten der Schwarze Owen Diaz und sein Sohn sowie ein weiterer früherer Mitarbeiter von Tesla. Diaz arbeitete von Juni 2015 bis Juli 2016 als Aufzugführer bei Tesla in Fremont. Er fand dort laut Anklage eine feindliche Arbeitsumgebung vor und wurde Opfer von rassistischen Beinamen und herabwürdigender Symbolik. Auch sein Sohn arbeitete in dem Werk.
«Fortschrittliches Bild» nur «Fassade»
Statt an einen modernen Arbeitsplatz zu kommen, hätten sich die Kläger «in einem Stück direkt aus der Jim-Crow-Ära wiedergefunden», hiess es weiter. Der Ausdruck war in den USA im 19. Jahrhundert die Bezeichnung für das Stereotyp eines tanzenden, singenden Schwarzen. Die Anklage warf Tesla vor, sein «fortschrittliches Bild» sei nur eine «Fassade» gewesen. Der Autobauer habe sich trotz Beschwerden von Diaz bei Vorgesetzten nicht um die rassistischen Vorfälle gekümmert.
Diaz’ Anwalt Lawrence Organ sagte der «Washington Post», es sei «befriedigend», dass die Jury die «Wahrheit» gesehen und hohe Entschädigungen angeordnet habe. Er lobte zudem, dass das Gericht eine so grosse und reiche Firma in der Verantwortung sehe, gegen Rassismus auf dem eigenen Gelände vorzugehen.
Zeit der Beschäftigung von Diaz «nicht perfekt»
Tesla selbst wies zwar die Rassismusvorwürfe in der Form, wie sie in der Anklage erhoben wurden, zurück. Diese rechtfertigten zudem nicht das von der Jury gefällte Urteil, hiess es in einem Blogeintrag. Zugleich gestand der Autobauer aber ein, dass er zur Zeit der Beschäftigung von Diaz «nicht perfekt» gewesen sei. Auch weitere Zeugen hätten vor Gericht ausgesagt, dass sie in Fremont regelmässig Verunglimpfungen gehört hätten, darunter das N-Wort.
Tesla habe auf Diaz’ Beschwerden reagiert und zwei Beschäftigte entlassen sowie einen weiteren suspendiert, hiess es weiter. Ausserdem habe es seit 2016 umfangreiche Neuerungen gegeben, unter anderem Teams für mehr Diversität und zur Bearbeitung von Beschwerden. Tesla hat einen Börsenwert von 780 Milliarden Dollar. Firmenchef Elon Musk gehört zu den reichsten Menschen der Welt.
red/nag
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