Auferstehung nach Abstiegen, Effenberg und Penisaffäre
Der SC Paderborn, der heute im DFB-Pokal um den Viertelfinaleinzug spielt, hat bewegte Jahre hinter sich.

Sollte Hollywood einmal einen Film über die verrückten Seiten des Fussballs planen, der SC Paderborn wäre das perfekte Studienobjekt. Im September 2014 noch sensationeller Bundesliga-Tabellenführer, stand der einst als langweiligster Club Deutschlands verschriene SCP im Mai dieses Jahres eigentlich schon als Absteiger in die viertklassige Regionalliga West fest. Nur die Insolvenz von 1860 München rettete die Paderborner, deren freier Fall mit grotesken Personalentscheidungen und Skandalen einhergegangen war.
Seit dieser Saison ist schon wieder alles anders: Die von Steffen Baumgart neu formierte Mannschaft hat das Verlieren praktisch verlernt und liegt in der 3. Liga mit acht Punkten Vorsprung auf einem Aufstiegsplatz. Der 45-jährige Baumgart, einst Bundesliga-Stürmer in Rostock, Wolfsburg und Cottbus, hat die Mentalität der Spieler zusammen mit einem Motivationstrainer komplett umgekrempelt und wird schon einmal laut an Spieltagen. Wie sein Vorbild Eduard Geyer, mit dem er in Cottbus zusammenarbeitete.
Leidenschaft, Robustheit und Zweikampfstärke nennt Baumgart als zentrale Punkte seiner Fussballphilosophie. Er ist, obwohl beim Untergang der DDR erst 17 Jahre alt, ein typischer Vertreter des Ostfussballs. Und das Gegenteil des exzentrischen Ex-Nationalspielers Stefan Effenberg, unter dem die Sitten in Paderborn in der Saison 2015/16 komplett verlottert waren. Genüsslich dokumentiert von der Boulevardpresse.
Höhepunkt der Paderborner Soap Opera war das Wintertrainingslager in der Türkei, wo sich die Spieler trotz Abstiegssorgen ausgiebig im Trinken übten und es zur sogenannten Penisaffäre um den früheren Thun- und Vaduz-Stürmer Nick Proschwitz kam. Proschwitz hatte sich vor einem Mitspieler und in Anwesenheit einer Frau entblösst, was ihm sogar den unzutreffenden Vorwurf der sexuellen Belästigung eintrug. Es brauchte das Dementi der besagten Dame, um diese Meldungen zu entkräften.
Effenberg und der Bootsführerschein
Proschwitzs Karriere in Paderborn war damit trotzdem zu Ende, im Frühling 2016 musste nach zwölf Spielen ohne Sieg auch Effenberg gehen. Zuvor war noch ausgekommen war, dass der einstige Bayern-Star gar keine gültige Trainerlizenz besass. Effenbergs flapsige Reaktion darauf: Er habe immerhin einen Bootsführerschein und einen guten Stoffwechsel. Clubpräsident Wilfried Finke quittierte dies mit dem öffentlichen Vorwurf, Effenberg mache sich über den SCP lustig.
Ein besonderes Vertrauensverhältnis hat der Möbelunternehmer dafür zu Geschäftsführer Markus Krösche, den er 2001 als Spieler nach Paderborn geholt und im März dieses Jahres in seiner neuen Funktion installiert hatte. Er sei für ihn der Schlüssel zum Erfolg. Krösche bemüht sich derweil, die Erwartungen nicht in den Himmel wachsen zu lassen. «Es wäre vermessen, jetzt grosse Ziele auszurufen», erklärte er. «Wir sind mit zwei blauen Augen und einem Kieferbruch in der Liga geblieben. Wir haben richtig Schwein gehabt».
Trotzdem: Das Ziel 2. Bundesliga bleibt. Laut Finke könne der Verein in der 3. Liga nur schwer kostendeckend arbeiten. Allein die Stadionmiete beträgt 750'000 Euro pro Jahr, das Trainingszentrum mit drei Rasenplätzen muss noch jahrelang abbezahlt werden. Dafür braucht es TV-Gelder, denn der Publikumszuspruch ist trotz der Erfolge mit durchschnittlich 7'489 Zuschauern pro Heimspiel recht bescheiden. Zum Vergleich: Ligaprimus Magdeburg kommt auch 17'335 Fans im Schnitt. Der heutige DFB-Pokal-Achtelfinal gegen den Bundesliga-Absteiger Ingolstadt ist für Paderborn deshalb nicht nur aus sportlicher Sicht sehr wichtig.
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch