Die Inhaberaktien von 55'000 Schweizer Unternehmen müssen in Namenaktien umgewandelt werden. Erlaubt sind nur noch Inhaberpapiere börsenkotierter Gesellschaften und ein paar Ausnahmen. Dies hat am Mittwoch der Nationalrat beschlossen. Er gab dem Ständerat und dem internationalen Druck nach. Damit verschwindet ein Stück Wirtschaftsgeschichte. Denn die Aktiengesellschaft war ursprünglich ein Zusammenschluss von Geldgebern, die man nicht zu kennen brauchte, eine «Société anonyme», wie es noch heute auf Französisch heisst.
Die internationale Wirtschaftsorganisation OECD sieht jedoch seit einigen Jahren in Inhaberaktien ein Mittel zur Geldwäscherei und in deren Besitzern böswillige Kriminelle. Sie verfügte deren Abschaffung mit Frist bis Ende Oktober. Aktien, die innerhalb von fünf Jahren nicht umgewandelt werden, werden vernichtet. Das stellt einen noch nie dagewesenen Eingriff in die Eigentumssicherheit der Besitzer dar und ist rechtsstaatlich fragwürdig. Dass der Nationalrat trotz anfänglichem Widerstand einlenken wird, war abzusehen. Viele Politiker gefallen sich in der Rolle des Winkelrieds gegen internationale Einmischung, nur um letztlich dann doch klein beizugeben, wenn die drohenden Konsequenzen konkret werden.
Ohne Mitsprache der Regierten
Das ändert nichts am Grundproblem: Die Globalisierung der Politik, die dazu führt, dass statt gewählte Volksvertreter Diplomaten in Hinterzimmern das Recht ausarbeiten. Dafür können sie vor der Öffentlichkeit nicht zur Rechenschaft gezogen werden. Und abgewählt werden können sie schon gar nicht.
Bei der Abschaffung der Inhaberaktie nahm noch im Mai eine Delegation der OECD – mit willfähriger Unterstützung durch das Finanzdepartement – direkt Einfluss auf die Parlamentsberatungen. Damit wird der Kern von Demokratie ausgehöhlt: die Herrschaft durch das Volk, das Versprechen des Rechtsstaates, nicht über die Köpfe der Regierten hinweg, sondern mit ihrer Mitwirkung das Recht zu erlassen, woran sich alle zu halten haben.
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Aushöhlung der Demokratie
Die Inhaberaktie wird abgeschafft. Aber das Grundproblem bleibt: die Globalisierung der Politik.