«Brasilien verlangt von seinen Bürgern zu viel»
Für den Historiker Luiz Antonio Magalhães hat die brasilianische Protestbewegung berechtigte Anliegen.
Brasiliens Entwicklung während der letzten Jahre gilt als ökonomische und soziale Erfolgsgeschichte. Nun ist das Land plötzlich mit Massenprotesten konfrontiert. Warum? Die Beweggründe, Konturen und Forderungen der Protestbewegung sind noch nicht klar zu erkennen. Es handelt sich um eine Ansammlung verschiedener Gruppierungen mit unterschiedlichen Zielen. Zunächst ging der Protest von einer einzigen, radikalisierten Gruppe aus, die in São Paulo kostenlose öffentliche Verkehrsmittel fordert. Sie wehrte sich gegen die vom Bürgermeister angekündigte Preiserhöhung. Dabei kam es zu Vandalenakten, was die Polizei bewog, bei den nachfolgenden Kundgebungen mit übertriebener Härte durchzugreifen. Und dies wiederum führte zu einem landesweiten Solidarisierungseffekt und zur Entstehung der grössten sozialen Protestbewegung seit den Demonstrationen 1992 gegen den damaligen Präsidenten Fernando Collor de Mello.