Ein ethischer Albtraum
Als Präsident will sich Trump nicht von seinen Geschäftsinteressen trennen. Er macht sich potenziell strafbar.

Die Präsidentschaft von Donald Trump beginnt, wo er eigentlich das grosse Aufräumen versprochen hatte, in einem Sumpf von Interessenkonflikten und moralischer Zweideutigkeit. Gegen den Ratschlag des Büros für eine ethische Regierungsführung weigert er sich, sein Unternehmen in eine unabhängige Stiftung zu überführen und von einem Verwalter ausserhalb der Familie führen zu lassen. Seine Söhne wollen an seine Stelle treten – und natürlich werde man am Familientisch nicht über das Geschäft sprechen, sagt Trump. Das ist pure Augenwischerei. Für die Vereinigten Staaten stellt sich somit die Vertrauensfrage, noch bevor Donald Trumps Amtszeit begonnen hat.
Das Ansinnen, sich vollständig vom Geschäft zu trennen und das Unternehmen als Ganzes in einen Blind Trust zu übergeben, ist keine parteipolitisch motivierte Forderung. Auch Ethikanwälte, die für republikanische Präsidenten tätig waren, fordern die totale, undurchdringbare Mauer zwischen Donald Trump und den über 500 Firmen seiner Familiengesellschaft. Richard Painter, Berater von George W. Bush, befürchtet bereits Prozesse. «Der künftige Präsident hat noch eine Woche Zeit, um das Problem zu lösen. Was wir von ihm gehört haben, ist mit dem Gesetz nicht vereinbar.» Norman Eisen, der frühere Ethikexperte von Präsident Barack Obama, sieht ebenfalls «eine Welle von Skandalen und Korruption» anrollen. Trump verletze die Verfassung, die dem Präsidenten untersagt, von ausländischen Regierungen finanziell zu profitieren.
Angst vor Transparenz
Zudem hatte Trump zwei Alternativen zur Verfügung. Statt in einen Blind Trust könnte er das Unternehmen auch mit einem Buy-out an vermögende Investoren abstossen oder es als Publikumsgesellschaft an die Börse bringen. Trump und seine Familie könnten nicht «zu unnötigen und unvernünftigen Verlusten» gezwungen werden, wenden seine Rechtsanwälte ein. Doch Walter Shaub, der amtierende Ethikchef von der Regierung Obama, macht dazu einen wichtigen Punkt geltend, der bereits die Gründerväter beim Schreiben der Verfassung geleitet hatte. «Das Amt des Präsidenten ist wichtig und gross genug, als dass es keine Opfer erfordern würde.» Deswegen seien Trump finanzielle Opfer durchaus zuzumuten. Das ist der Preis der Präsidentschaft.
Was Donald Trump hindert, ist mehr als ein möglicher Verlust. Was er scheut, ist die Transparenz. Die beiden Alternativen würden ihn zwingen, seine Bücher aussenstehenden Experten vorzulegen und seine Geschäftsbeziehungen offenzulegen. Doch was allen Präsidenten seit Richard Nixon recht war, ist für Trump zu viel. Er will nicht einmal seine Steuererklärungen offenlegen. Die Bürger haben aus seiner Sicht kein Recht zu wissen, in welche Honigtöpfe er seine Finger tunkt, mit welchen Regierungen er Deals gemacht und mit welchen Investoren er seit seiner Wahl verhandelt hat.
Buckeln vor Trump
So stellt sich die Frage, ob er überhaupt diszipliniert genug ist, selbst seinen eigenen dünnen ethischen Leitlinien zu folgen. An einer bizarren Medienkonferenz im Trump Tower in New York brüstete er sich damit, über das Wochenende einen Deal von zwei Milliarden Dollar mit einem «sehr, sehr erstaunlichen Mann, einem grossen Bauherrn aus dem Mittleren Osten» aus ethischen Gründen abgelehnt zu haben – so als ob er Lob dafür verdienen würde, Geld zurückgewiesen zu haben, das durchaus auch als Bestechung angesehen werden kann.
Dass es nicht um einen reinen Geschäftsdeal geht, ist offensichtlich, steckt doch der Baukonzern Damal dahinter, der den Trump International Golf Club in Dubai und angrenzende Luxusanwesen errichtet. Dieses Projekt wird gemäss dem Ethikplan von Trump weiterlaufen, denn im Ausland will er lediglich die noch nicht unterschriebenen Projekte stoppen und keine neuen abschliessen. Mit anderen Worten: Aus dem Ausland fliessen weiterhin Einkommen in die Familiengesellschaft, und Donald Trump wird weiter davon profitieren. Daran ändert auch nichts, wenn seine Söhne Eric und Donald Jr. das Unternehmen führen. Statt in die rechte Hosentasche geht das Geld nun einfach in die linke.
Völlig ins Abseits gerät er mit seiner Absicht, weiterhin Geschäfte in den USA abzuschliessen, so als ob Nepotismus in den USA nicht existierte. Anzeichen für Gefälligkeiten waren in den letzten Wochen bereits deutlich zu sehen. So buckeln Auto- und Techfirmen bereits vor Trump, um seinen ausfälligen Tweets aus dem Weg zu gehen. In einzelnen Fällen mag dies gesamtwirtschaftlich von Vorteil sein; das Problem ist aber: Donald Trump öffnet die Türen für eine besondere Art der Günstlingswirtschaft, die Firmen gegeneinander ausspielt und Politik durch Drohungen ersetzt.
Noch ist unklar, wie weit Donald Trump gehen kann, bevor ihn der Kongress oder ein Gericht stoppt. Sicher aber stellt sich bereits heute die Vertrauensfrage: Kann Amerika einem Präsidenten trauen, der nichts unternehmen will, um dieses Vertrauen zu rechtfertigen?
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch