Obama baut auf Arbeitslosenzahlen, Romney frisst Kreide
Die nationalen Umfragen zeigen den US-Präsidenten immer noch in Führung. In manchen der entscheidenden Swing States hat sein Herausforderer seit der TV-Debatte aber deutlich aufgeholt.

Nach seinem überraschend passiven Auftritt bei der ersten TV-Debatte hat US-Präsident Barack Obama an Vorsprung auf seinen Herausforderer Mitt Romney eingebüsst. Romney konnte den Abstand um drei Punkte auf 44 zu 46 Prozent verkürzen. Die Umfrage wurde von der Nachrichtenagentur Reuters und dem Meinungsforschungsinstitut Ipsos durchgeführt. Zuletzt führte Obama noch mit 48 zu 43 Prozent. Laut einer anderen Umfrage, jener des Gallup-Instituts, führt Obama mit 50 zu 45 Prozent gegenüber Romney.
Bei den sogenannten Swing States, die bei den Präsidentschaftskandidaten manchmal den Demokraten, manchmal aber auch den Republikanern zufallen und somit die Wahlen entscheiden können, hat Romney offenbar Boden gut gemacht. Zumindest in drei Swing States, legt Herausforderer Romney seit der TV-Debatte laut Umfragen zu. Laut Zahlen des Rasmussen-Instituts vom Freitag legte Romney im besonders umkämpften Wechselwähler-Staat Florida um zwei Prozentpunkte zu und führt mit 49 zu 47 Prozent gegen Obama. In Virginia lag Romney demnach mit 49 zu 48 Prozent vorn. Allerdings wurden bei der Umfrage lediglich rund 500 wahrscheinliche Wähler telefonisch befragt, die Aussage der Umfrage gilt daher als eher begrenzt.
Niedrige Arbeitslosenquote
Die am Freitag vom Arbeitsministerium in Washington veröffentlichten Zahlen zum Arbeitsmarkt könnten dafür dem Amtsinhaber in die Hände spielen. Die US-Arbeitslosenquote lag demnach im September bei 7,8 Prozent und war damit so niedrig wie seit Januar 2009 nicht mehr. Im August hatte sie noch bei 8,1 Prozent gelegen.
Die US-Wirtschaft schuf den Angaben zufolge im vergangenen Monat allerdings nur 114'000 neue Jobs. Der deutliche Rückgang der Arbeitslosenquote um 0,3 Prozentpunkte erklärt sich vor allem durch eine Bereinigung der Arbeitslosenzahlen von Juli und August. In beiden Monaten entstanden demnach mehr neue Jobs, als bisher in den Statistiken auftauchten.
Das US-Haushaltsdefizit für das gerade abgelaufene Finanzjahr 2012 beträgt laut einer neuen Schätzung 1,1 Billionen Dollar. Dies bedeutet einen leichten Rückgang gegenüber 2011, als die Deckungslücke bei 1,3 Billionen Dollar lag. Dennoch ist es für US-Präsident Barack Obama das vierte Jahr mit einem Billionendefizit in Folge.
Der am Freitag veröffentlichten Schätzung der Finanzbehörde des Kongresses zufolge musste die Regierung 32 Cent Schulden aufnehmen für jeden Dollar, den sie ausgab.
Fälschung der Arbeitslosenzahlen vorgeworfen
Nach der Veröffentlichung der überraschend positiven Arbeitslosenzahlen hat der frühere General-Electrics-Chef Jack Welch Präsident Barack Obama Fälschung vorgeworfen. «Unglaubliche Jobzahlen... diese Chicago-Jungs sind zu allem bereit... können nicht diskutieren, daher ändern sie die Zahlen», schrieb der Ex-Konzernchef am Freitag auf dem Kurznachrichtendienst Twitter. Angesichts der Lage der Wirtschaft würden die Zahlen «nicht richtig riechen», sagte Welch später dem Fernsehsender Fox News. Rechte Politiker und Kommentatoren schlossen sich den Vorwürfen an.
In den Medien gab es auch Spott für Welch unter Anspielung auf Vorwürfe, er habe während seiner Zeit bei GE die Umsatzzahlen manipuliert. Der frühere Wirtschaftsberater des Weissen Hauses, Austan Goolsbee, schrieb: «Ich liebe dich Jack, aber hier hast du deinen Verstand verloren.»
Obama: Romney lügt
Obama zog die Samthandschuhe erst nach der Debatte aus und bezichtigte Romney indirekt der Lüge. Im Kern wirft Obama seinem republikanischen Herausforderer vor, die Wahrheit über seine Steuerpläne zu verheimlichen und die Wähler zu täuschen.
«Ich traf diesen sehr schneidigen Typen, der behauptet Mitt Romney zu sein», rief er Anhängern bei einer Wahlveranstaltung am Donnerstag (Ortszeit) zu. «Aber das konnte nicht Romney sein.» Denn der echte Mitt Romney laufe seit einem Jahr im Land auf und ab und verspreche Steuersenkungen von fünf Billionen Dollar, welche die Reichen bevorzugen würden.
Obama fuhr fort: «Und der Typ, der gestern Abend auf der Bühne war, sagte, er wüsste davon nichts.» Kaum verhüllt bezichtigt Obama seinen Gegner damit der Lüge. Die «knallharte Attacke» auf Romney lasse erahnen, wie gross die Sorge im Wahlkampflager Obamas sei, schrieb die «New York Times».
US-Kommentatoren stellten die Frage in den Raum, warum Obama den Vorwurf nicht bereits während des Rededuells in Denver angebracht hatte. Dieses wurde von 67 Millionen Menschen verfolgt, der grössten Zuschauerzahl für eine derartige Debatte seit 20 Jahren.
Romney bat um Verzeihung
Unterdessen frisst Romney Kreide, wie Kommentatoren meinen. In seinen Aussagen zielt er immer mehr auf die alles entscheidenden ungebundenen Wechselwähler. Für eine Beleidigung der Obama-Anhänger bat er sogar um Entschuldigung.
«Ich habe etwas Falsches gesagt», meinte der Republikaner – und bezog sich auf seine umstrittene Äusserung, wonach Obama-Wähler Sozialschmarotzer seien, die keine Steuern zahlten, aber Sozialleistungen beanspruchten.
Auch mehrere Äusserungen Romneys bei der Debatte deuteten klar darauf hin, dass Romney nach seinem Rechtsruck bei den Vorwahlen nun auf die moderaten Wechselwähler abzielt.
«Romney bewegt sich in Richtung Mitte», titelte die «New York Times». Während der parteiinternen Vorwahlen im Frühjahr hatte es Romney dagegen vor allem der erzkonservativen «Tea-Party» recht machen müssen und hatte rechte Positionen besetzt.
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