US-Sonderermittler zum Abschuss freigegeben
Lange galt Robert Mueller als unantastbar. Doch jetzt blasen Republikaner, Fox News und Co. zum Angriff.

Die Spekulationen häufen sich, keine TV-Medienstunde vergeht ohne grandiose Verlautbarungen selbsternannter Auguren. In Wirklichkeit aber weiss niemand in Washington ausser Sonderermittler Robert Mueller und seinem verschwiegenen Team von FBI-Agenten und Anklägern, wohin die Untersuchung in der Russlandaffäre zielt.
Ist Mueller dem Präsidenten und seiner Familie auf den Fersen? Gab es Absprachen mit Russland? Betrieb Donald Trump Justizbehinderung? Oder ist ausser Spesen nichts gewesen, und hat sich die Untersuchung Muellers mit den Anklagen gegen Ex-Sicherheitsberater Michael Flynn und andere ehemalige Trump-Mitarbeiter erschöpft?
Trotz dieser Ungewissheit haben die republikanischen Parteifreunde des Präsidenten sowie seine Fans bei Fox News und anderen linientreuen Medien vorsorglich einen Präventivkrieg gegen Mueller und das FBI eingeleitet, um den Sonderermittler und seine Truppe in ein möglichst schlechtes Licht zu rücken. Ihre Kampagne folgt dem Beispiel der Demokraten, die 1997 und 1998 den Sonderermittler Ken Starr als republikanische Marionette porträtierten, weil er gegen Bill Clinton ermittelte.
Video: Trump-Berater Michael Flynn angeklagt
Nun also ist Mueller dran. Obschon der ehemalige FBI-Chef als Ausbund von Rechtschaffenheit gilt und obendrein ein Republikaner ist, fährt ihm die Trump-Seilschaft im Kongress und in den Medien mächtig an den Karren. Nachdem herauskam, dass Mueller einen FBI-Mitarbeiter entlassen musste, weil sich der Agent in E-Mails positiv über Hillary Clinton geäussert hatte, schossen sich republikanische Kritiker erst recht auf den Sonderermittler ein.
Mueller sei «schockierend» voreingenommen, behauptete der republikanische Abgeordnete Steve Chabot. Andere bezichtigten den Sonderermittler der Korruption und warfen dem FBI vor, wie eine «Geheimpolizei» gegen den Präsidenten zu agieren. Als Speerspitze der Anti-Mueller-Show fungiert Sean Hannity, ein Jünger Trumps, der werktags zur besten Sendezeit bei Fox News zum Jihad gegen Mueller bläst.
Der Sonderermittler sei «eine Schande für das amerikanische Rechtswesen», sein Team «korrupt», donnerte Hannity neulich. Unter anderem, so der TV-Propagandist, hätten Mitarbeiter Muellers demokratischen Kandidaten Wahlkampfspenden überwiesen. Dass Ivanka Trump, Jared Kushner und auch der Präsident für demokratische Kandidaten spendeten, geht in der Anti-Mueller-Hysterie unter.
Muellers Abgang und die nachfolgende Verfassungskrise wären wohl kein Anlass mehr für die Republikaner, Trump unter Anklage zu stellen.
Angefacht wird der Rummel von der Behauptung, Mueller sei lediglich ein Werkzeug zur Vernichtung von Trumps Präsidentschaft – wenngleich niemand in Washington derzeit wirklich weiss, ob dem Präsidenten tatsächlich Gefahr droht. Trumps Anwalt Ty Cobb glaubt sogar, Muellers Untersuchung hätte ein Endstadium erreicht, der Präsident die Russlandaffäre bald überstanden.
Cobbs Optimismus treibt die Anhänger des Präsidenten in US-Medien und auf dem Capitolshügel gleichwohl zur Weissglut: Trumps Anwälte führten «ihren Mandanten schlafwandelnd über die Klippen», behauptet etwa Trumps alter Vertrauter Roger Stone. Es gelte deshalb, sich für einen epochalen Kampf zu wappnen, schon jetzt müsse Mueller und seinen Helfern im FBI entschieden entgegengetreten werden, glauben Mueller-Feinde wie Stone.
Bilder: Hat Mueller den Präsidenten im Visier?
Die Demokraten sowie Kommentatoren in linksliberalen Medien wie der «New York Times» oder bei CNN befürchten, der tägliche Schlachtenlärm sei ein Vorspiel für die Entlassung Muellers, falls der Ermittler dem Weissen Haus zu nahe komme. Die Attacken auf ihn und das FBI würden «lauter und dreister werden», je mehr sich zeige, dass der Sonderermittler den Präsidenten im Visier habe, sagt der demokratische Kongressabgeordnete Jerrold Nadler.
Galt im Sommer noch als ausgemacht, dass die Kongressrepublikaner einen Hinauswurf Muellers nicht hinnehmen würden, so hat sich der Wind inzwischen gedreht: Die Partei ist mittlerweile fast vollständig auf den Präsidenten eingeschworen, Muellers Abgang und die nachfolgende Verfassungskrise wären wohl kein Anlass mehr für sie, Trump unter Anklage zu stellen oder anderweitig aus dem Amt zu entfernen.
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