Nordkorea fährt 50er-Jahre-Reaktor hoch
Aus einem Gebäude in der Nähe der einzigen Plutoniumfabrik Nordkoreas dringt weisser Dampf. Russische Diplomaten warnen vor dem «albtraumhaften» Zustand der Anlage und einer «Katastrophe».

Nordkorea hat nach Informationen eines US-Forschungsinstituts seine stillgelegte Atomanlage Yongbyon wieder in Betrieb genommen. Die USA zeigten sich alarmiert über den Bericht.
Auf einem Satellitenbild vom 31. August sei zu erkennen, wie weisser Dampf aus einem Gebäude in der Nähe der Halle aufsteige, in der die einzige Plutoniumfabrik des Landes vermutet werde, teilten Wissenschafter der Johns-Hopkins-Universität mit. Dies deute darauf hin, dass der Reaktor in Yongbyon bereits hochgefahren sei oder dies kurz bevorstehe.
Sollte sich der Bericht bestätigen, wäre dies eine sehr ernste Angelegenheit, sagte der US-Sondergesandte für Nordkorea, Glyn Davies. «Es würde gegen eine ganze Reihe von UNO-Resolutionen verstossen.»
Ein Sprecher des chinesischen Aussenministeriums erklärte, man habe den Bericht zur Kenntnis genommen. Er forderte Nordkorea auf, Frieden und Stabilität in der Region anzustreben.
Ziel sei eine Denuklearisierung der koreanischen Halbinsel, wofür sich China weiter einsetzen werde, sagte der Sprecher in Peking. IAEA-Chef Yukiya Amano sagte, die Atomenergiebehörde gehe dem Bericht nach. «Da wir keine Inspektoren vor Ort haben, verfügen wir über keine gesicherten Erkenntnisse», sagte er in Wien.
«Schlag ins Gesicht»
Nordkorea hat seit 2006 drei Atomtests vorgenommen. Nach Angaben der Johns-Hopkins-Universität könnten in der Anlage Yongbyon jährlich bis zu sechs Kilogramm Plutonium produziert werden. Der Reaktor ist seit Jahren nicht mehr am Netz.
Die Regierung in Pyongyang hatte 2008 als Zeichen des guten Willens im Rahmen der Sechs-Parteien-Gespräche den Kühltank der Anlage zerstört. Im April kündigte das Land dann aber an, Yongbyon wieder in Betrieb zu nehmen. Atomexperten vermuteten, dass Nordkorea dafür etwa ein halbes Jahr benötigen würde.
«Es ist ein Schlag ins Gesicht für die internationale Gemeinschaft», bewertete der Nordkorea-Experte James Acton von der Carnegie-Stiftung in Washington den Schritt. Nordkorea wolle damit untermauern, dass es keinerlei Interesse habe, sein Atomwaffenprogramm aufzugeben.
Aus US-Regierungskreisen verlautete die Einschätzung, dass Nordkorea sich mit dem Schritt wohl nicht in eine bessere Position für spätere Verhandlungen bringen wolle. «Nordkorea will dieses Mal Tatsachen schaffen und als Atommacht anerkannt werden», sagte ein US-Regierungsvertreter, der namentlich nicht genannt werden wollte
Moskau warnt vor Katastrophe
Russische Diplomatenkreise warnten vor dem «albtraumhaften» Zustand der Anlage. Die Nachrichtenagentur Interfax zitierte einen russischen Diplomaten, der vor einer «Katastrophe» für die koreanische Halbinsel warnte. Die grosse Sorge Russlands gelte einem «sehr wahrscheinlichen von Menschenhand geschaffenen Desaster», denn der Reaktor sei in den 50er-Jahren gebaut worden.
Das in London ansässige International Institute for Strategic Studies (IISS) kritisierte, dass die Politik der Zurückhaltung der US-Regierung gegenüber Pyongyang «fehlgeschlagen» sei. Statt einen Wandel in Nordkorea zu bewirken, entferne sich der kommunistische Staat immer weiter von der Zusage nuklearer Abrüstung und verfolge stattdessen das Projekt, atomare Langstreckenwaffen zu entwickeln.
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