Putin verlässt G-20-Gipfel vorzeitig: «Montag wieder auf Arbeit»
Russlands Präsident wollte nicht ausharren, bis der G-20-Gipfel in Brisbane vorbei war – auf ihn warte zuhause viel Arbeit. Die anderen Regierungschefs verabschiedeten derweil einen globalen Wachstumsplan.
Kremlchef Wladimir Putin hat den G-20-Gipfel im australischen Brisbane ohne Mittagessen und noch vor Unterzeichnung des Abschlussprotokolls verlassen. Er müsse schliesslich am Montag wieder arbeiten, sagte der Kremlchef vor Journalisten in seinem Hotel in Brisbane.
«Damit es nur keine Spekulationen gibt. Ich bin nicht zum allgemeinen Essen geblieben, aber unser Finanzminister nahm daran teil», sagte er am Sonntag. «Wir müssen von hier aus neun Stunden nach Wladiwostok fliegen und dann noch einmal neun Stunden bis Moskau. Dann müssen wir noch nach Hause. Und Montag geht es schon wieder auf Arbeit.» Und vier bis fünf Stunden schlafen wolle er auch noch.
Bis tief in die Nacht mit Merkel geredet
«Ich bin zu Tony gegangen, er hat das mit Verständnis aufgenommen. Es gibt also hier keine anderen Gründe», meinte Putin. Er hatte den australischen Regierungschef Tony Abbott als guten Gastgeber gelobt.
Bereits am Samstag war über eine vorzeitige Abreise des Kreml-Chefs spekuliert worden. Aus der russischen Delegation verlautete, Putin werde noch vor dem Mittagessen abreisen. Sein Sprecher Dmitri Peskow mühte sich anschliessend um Entschärfung: Putin werde abreisen, «wenn die Arbeit getan ist». Putin habe seine Pläne keinesfalls wegen des Drucks der anderen G-20-Partner geändert.
Putin: Nato immer noch im Kalten Krieg
Putin stand bei dem Treffen der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer wie kein anderer Staatschef unter Druck wegen des blutigen Konflikts in der Ukraine. Er habe mit mehreren Staats- und Regierungschefs über die Krise reden können, sagte Putin. Bis tief in die Nacht zum Sonntag hatte er sich auch mit der deutschen Kanzlerin Angela Merkel in seinem Hotel getroffen.
Offiziell sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow russischen Agenturen zufolge, Putin und Merkel hätten noch einmal eingehend die Feinheiten der russischen und europäischen Sichtweise auf den Ukraine-Konflikt besprochen. Putin legte den Angaben zufolge erneut dar, dass er die Nato immer noch im Kalten Krieg verhaftet sehe und dem westliche Militärbündnis zutraue, in seinen Einflussbereich eindringen zu wollen.
Auch nach diesen Gesprächen zeichnete sich keine Lösung für den Bürgerkrieg in der Ostukraine ab. Dort kämpfen prorussische Separatisten um die Unabhängigkeit. Moskau wird vorgeworfen, sie zu unterstützen.
Obama: Putin verletzt Minsker Abkommen
Die USA und die Europäische Union planen laut US-Präsident Barack Obama in der Ukraine-Krise derzeit keine Verhängung schärferer Sanktionen gegen Russland. Die gegenwärtigen Strafmassnahmen seien bereits schmerzhaft genug für Moskau, sagte Obama in Brisbane. Jedoch werde stetig überlegt, wie man den Druck bei Bedarf erhöhen könne. Obama sagte, er habe beim G20-Gipfel und zuvor beim APEC-Gipfel in Peking mehrfach mit Kremlchef Wladimir Putin über die Krise gesprochen. Die Begegnungen seien geschäftsmässig und unverblümt gewesen. Er habe Putin privat dasselbe gesagt wie öffentlich.
Putin dürfe nicht weiter internationales Recht brechen, schwere Waffen an prorussische Seperatisten liefern und das Minsker Abkommen verletzen, sagte Obama. Er sei sich hier mit den EU-Spitzen einig. Wenn Russland seinen Kurs nicht ändere, werde die Isolierung beibehalten. «Man marschiert nicht in andere Länder ein», sagte Obama. Doch wenn Moskau den Forderungen nachkomme, «bin ich der erste, der die Sanktionen zurückführt».
Wachstum von 2,1 Prozent bis 2018
Die Staats- und Regierungschefs haben sich zum Anschluss ihres zweitägigen Gipfeltreffens auf Reformmassnahmen zur Ankurbelung des weltweiten Wirtschaftswachstums verständigt. Ziel sei es, bis zum Jahr 2018 ein zusätzliches Wachstum von 2,1 Prozent zu erreichen, hiess es am Sonntag in einer Erklärung. Durch die Massnahmen werde ein zusätzliches Wachstum von mehr als zwei Billionen Dollar erreicht, zudem würden Millionen neuer Arbeitsplätze geschaffen.
Damit gehen die grossen Industrie- und Schwellenländer leicht über das ursprünglich angestrebte Ziel von 2,0 Prozentpunkten hinaus. Zum grössten Teil diese Initiativen hatten sich die G-20-Staaten bereits vor dem Gipfel verpflichtet.
Im Communiqué zum Abschluss des Treffens am Sonntag hiess es, die Ankurbelung der Weltkonjunktur und die Schaffung von Arbeitsplätzen habe höchste Priorität für die G20. Es gebe zwar Wachstum in einigen Bereichen. «Aber die globale Erholung ist langsam, unausgewogen und bringt nicht die nötigen Arbeitsplätze.» Weiter gebe es Risiken, besonders im Finanzsektor sowie durch geopolitische Spannungen.
Zugleich verständigten sich die G-20 auf eine weltweite Bekämpfung der Steuerflucht durch multinationale Unternehmen. Künftig sollen Firmen ihre Gewinne in dem Land versteuern, wo sie erzielt wurden.
Die jüngste Berichterstattung über in Luxemburg operierende Firmen hatte deutlich gemacht, dass viele Konzerne Gewinne innerhalb des eigenen Unternehmens verschieben, um sie künstlich kleinzurechnen und den Rest am Standort mit dem niedrigsten Steuersatz zu versteuern.
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