EU verschärft Sanktionen gegen Iran – Schweiz macht nicht mit
Die neuen Sanktionen sollen die iranische Öl- und Gasindustrie schwer treffen werden. Die Zwangsmassnahmen könnten im besten Fall das islamistische Regime an den Verhandlungstisch zwingen.

Die neuen Sanktionen sollen dem Teheraner Regime und seinen Revolutionsgarden wehtun, die Bevölkerung aber möglichst schonen: Die EU-Aussenminister werden am Montag in Brüssel im Streit um Irans Atomprogramm ein ganzes Bündel zusätzlicher Strafmassnahmen beschliessen. Die Sanktionen der EU gehen über die Beschlüsse der UNO hinaus und könnten zum grössten Teil bereits am Montag in Kraft treten.
Auf der Liste stehen Reisebeschränkungen für 40 Schlüsselfiguren des Regimes: Neu sollen etwa der Generalstabschef der Revolutionsgarden sowie die Kommandeure der Luft- und Seestreitkräfte nicht mehr in die EU einreisen können. 15 Firmen unter Kontrolle der Revolutionsgarden sollen auf eine schwarze Liste gesetzt werden. Schiffe der staatlichen Reederei Irisl und drei mit ihr verbundene Firmen dürfen keine europäischen Häfen mehr anlaufen. Iranische Frachtflugzeuge sollen in den EU-Mitgliedsstaaten nicht mehr landen dürfen.
Die Schweiz macht nicht mit
Die Sanktionen sollen die Lieferung von Waren unterbinden, die für das Atomprogramm oder den Bau von Waffen und Munition verwendet werden können. Spürbar dürften aber vor allem die Massnahmen gegen die Finanz- und Energiebranche des Landes sein. Die EU-Staaten wollen Geldflüsse mit dem Iran unter Kontrolle halten und Transfers ab 35 000 Euro nur nach eingehender Prüfung bewilligen. Irans Banken dürfen in den EU-Mitgliedsstaaten keine neuen Filialen oder Niederlassungen eröffnen. Die EU-Mitgliedsstaaten wollen auch die Bankkonten einer Reihe von Exponenten des iranischen Regimes und staatsnaher Firmen einfrieren.
Die EU wird Transport- und Rückversicherung für internationale Geschäfte mit dem Iran verbieten. Für europäische Firmen dürfte es noch schwieriger werden, im Land zu investieren. Firmen aus der EU dürfen Irans Schlüsselindustrien der Gas- und Ölförderung weder technische noch finanzielle Unterstützung gewähren. Restriktionen treffen den Verkauf oder Handel von Ausrüstung und Technologie, die in Raffinerien, bei der Verflüssigung oder Förderung von Erdgas zum Einsatz kommen könnten. Der Iran ist einer der grössten Erdölexporteure und verfügt über die weltweit zweitgrössten Reserven an Erdgas.
Deutschland als Irans grösster Handelspartner in der EU, aber auch Schweden, Griechenland, Malta und Zypern hatten sich ursprünglich mit den neuen Sanktionen schwergetan. Die Schweiz als Nichtmitglied der EU will sich vorerst darauf beschränken, die UNO-Sanktionen anzuwenden. Die Internationale Energieagentur rechnet damit, dass die erweiterten Sanktionen die iranische Öl- und Gasindustrie schwer treffen werden. Bereits heute muss Iran etwa 30 Prozent seines Treibstoffbedarfs im Ausland beschaffen, weil es im Land an Raffinerien fehlt.
Opposition fordert mehr
Die Sanktionen der EU sind Teil eines bisher wenig erfolgreichen zweigleisigen Ansatzes, den Iran wieder an den Verhandlungstisch zurückzubringen. Die EU-Aussenminister werden das Regime in Teheran am Montag in ihren Schlussfolgerungen aufrufen, die Bedenken der internationalen Gemeinschaft zum iranischen Atomprogramm ernst zu nehmen und einem Datum für Gespräche mit EU-Aussenministerin Catherine Ashton sowie Vertretern der USA, Russlands und Chinas zuzustimmen.
Die iranische Exilopposition bezeichnete die neuen Sanktionen diese Woche in Brüssel zwar als Schritt in die richtige Richtung. Es gebe aber zu viele Schlupflöcher etwa über türkische Banken oder über Staaten wie Aserbeidschan, Nigeria oder Venezuela. Sie forderte, Irans Zentralbank auf die schwarze Liste zu setzen und den Kauf von iranischem Öl und Gas zu verbieten. (Tages-Anzeiger)
Erstellt: 24.07.2010, 06:53 Uhr
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