Christian Kern ist neuer Bundeskanzler in Österreich
Ein smarter Manager aus dem Wiener Arbeiterbezirk wird Werner Faymanns Nachfolge antreten. Und soll dabei gleich die SPÖ vor dem Niedergang retten.
Der neue Bundeskanzler in Österreich heisst Christian Kern. Nach dem überraschenden Rücktritt von Österreichs sozialdemokratischem Bundeskanzler Werner Faymann soll es nun dessen Parteifreund richten. Das 50-jährige Mitglied der SPÖ war vor seiner Vereidigung als Regierungschef am Dienstag Vorstandsvorsitzender der Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB), eines der grössten staatlichen Unternehmen des Landes. Er leitet künftig die rot-schwarze Koalition in Wien, die aktuell wenig Ansehen in der Bevölkerung hat.
Kern hat zum Amtsantritt die Regierung umgebildet und drei der sechs SPÖ-Minister ausgetauscht. Mit der 37-jährigen Muna Duzdar, die zur Staatssekretärin berufen wurde, gehört ausserdem erstmals eine Muslimin der Regierung an. Als Faymanns Nachfolger an der Parteispitze soll Kern zugleich den scheinbar unaufhaltsamen Niedergangsprozess der SPÖ aufhalten. Dort gibt es zwar unterschiedliche Einschätzungen zum Umgang mit der rechtspopulistischen FPÖ, mit der die SPÖ im Burgenland eine Regierungskoalition bildet. Doch bei der Umsetzung der Spar- und Kürzungspolitik, die den Aufstieg der FPÖ begünstigte, gibt es in der SPÖ-Führung kaum Differenzen.
Smarter Manager aus Wiener Arbeiterbezirk
Der stets akkurat gekleidete Kern wuchs als Sohn eines Elektrikers und einer Sekretärin im Wiener Arbeiterbezirk Simmering auf. Nach dem Abschluss seines Studiums der Publizistik und Kommunikationswissenschaft an der Universität Wien und einer Postgraduiertenausbildung zum Manager in St. Gallen war er ab 1989 als Wirtschaftsjournalist tätig.
Zwei Jahre später, wurde er - erst 25 Jahre alt - Assistent des SPÖ-Staatssekretärs Peter Kostelka unter Bundeskanzler Franz Vranitzky (SPÖ). In der Partei machte er schnell Karriere, war als Büroleiter und Pressesprecher im Parlament. Doch im Jahr 1997 wechselte Kern als Manager zum grössten österreichischen Stromanbieter, der Verbund AG. Dort brachte er es zehn Jahre später zum Vorstandsmitglied.
Guter Draht zu Gewerkschaften
2010 übernahm Kern den ÖBB-Chefsessel, was damals als «Himmelfahrtskommando» galt. Der smarte Manager machte sich einen Namen als Sanierer, setzte massenhaften Frühverrentungen ein Ende und arrangierte sich mit der streitbaren Eisenbahnergewerkschaft.
Der Gewerkschafts- und SPÖ-Mann Roman Hebenstreit sagte im ORF Radio, jetzt, wo Kern gehe, müsse er bei der Belegschaft «einige Tränen wegwischen». Den guten Draht zu den Gewerkschaften wird Kern auch als Regierungschef brauchen - zumal wenn er, wie erwartet, die bisherige Politik des Sozialabbaus fortsetzt. Er habe sich als ÖBB-Manager verdient gemacht, nun werde er auch das Land managen, heisst es in der Partei.
Ähnlichkeit mit Schröder und Blair
Der Politikexperte Thomas Hofer sagte, Kern habe «Herkulesaufgaben» vor sich. Zugute komme ihm sein verhältnismässig junges Alter - auf Facebook postete er Fotos von sich bei einem Rockkonzert am Abend von Faymanns Rücktritt - und die Tatsache, dass er nicht zum verkrusteten Politikerapparat gezählt werde.
Hofer zufolge weist Kern Ähnlichkeiten mit dem einstigen SPD-Kanzler Gerhard Schröder und mit Ex-Labour-Premier Tony Blair auf. Er werde versuchen, eine unternehmerfreundliche Politik mit sozialem Anstrich zu betreiben. Einen Schwenk nach links, wie ihn die SPÖ-Jugend fordere, werde es mit dem «Pragmatiker» Kern nicht geben.
Kern ist in zweiter Ehe mit seiner ehemaligen Verbund-Kollegin Eveline Steinberger verheiratet. Er ist Vater von vier Kindern und Fan des Fussballklubs Austria Wien, in dessen Kuratorium er sitzt.
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