Die markigen Sprüche des «Thilo Taktlos»
Seit Jahren weiss Thilo Sarrazin in der Öffentlichkeit zu provozieren. Eine Zusammenstellung seiner provokativsten Äusserungen.
Die Deutsche Bundesbank will sich von ihrem umstrittenen Vorstandsmitglied Thilo Sarrazin trennen. Die Spitze der Zentralbank beantragte am Donnerstag bei Bundespräsident Christian Wulff die Entlassung Sarrazins.
Für Sarrazin wurden umstrittene Äusserungen zu Muslimen und Juden in seinem neustes Buch «Deutschland schafft sich ab» zum Verhängnis. Doch der frühere Berliner Finanzsenator fällt schon seit Jahren mit markigen Sprüchen auf. Mal ging der SPD-Politiker mit dem Spitznamen «Thilo Taktlos» auf Beamte los, mal auf streikende Busfahrer. Dann kamen Hartz-IV-Empfänger an die Reihe, ebenso Mindestlohn-Befürworter und Berliner Schulabgänger. Opfer seiner jüngsten Attacken waren nun Muslime.
«Hier riecht's nach Beamten»
Über bayerische Schüler sagte der inzwischen 65-Jährige: «Die können mehr ohne Abschluss als unsere in Berlin mit Abschluss.» Zum Entsetzen der Gewerkschaften fiel ihm zu Arbeitslosen ein: «Ehe jetzt einer im 20. Stock sitzt und den ganzen Tag fernsieht, bin ich schon fast erleichtert, wenn er ein bisschen schwarz arbeitet.» Einen schlecht vorbereiteten Mitarbeiter soll er angeherrscht haben: «Hier riecht's nach Beamten.»
Den streikenden Busfahrern der Verkehrsbetriebe rief Sarrazin hinterher, dass er mit jedem Tag, an dem die Stadtbusse stünden, Geld spare. Den Preis zahlten nämlich die Passagiere, weil die Lohnerhöhungen auf den Ticketpreis umgelegt würden.
Und Hartz-IV-Empfängern empfahl er, bei Geldknappheit warme Pullover anzuziehen statt zu heizen. Zudem koste ein Mittagessen aus Bratwurst, Sauerkraut, Kartoffelbrei nur 1,15 Euro. Und toppte das Ganze: «Wenn man sich das anschaut, ist das kleinste Problem von Hartz-IV-Empfängern das Untergewicht.» Den Eltern von Schulschwänzern drohte er: «Wenn die Hausaufgaben nicht gemacht werden, dann wird eben das Kindergeld um 50 Prozent gekürzt.»
Polarisierte bei der Bundesbank weiter
Seine Neigung zum Polarisieren verliess Sarrazin auch nicht mit dem Umzug zur traditionsreichen Bundesbank nach Frankfurt. Der Zeitschrift «Lettre International» sagte er im vergangenen Jahr: «Die Türken erobern Deutschland genauso, wie die Kosovaren der Kosovo erobert haben: durch eine höhere Geburtenrate. Das würde mir gefallen, wenn es osteuropäische Juden wären, mit einem 15 Prozent höheren IQ als dem der deutschen Bevölkerung», sagte er dort und legte nach: «Ich muss niemanden anerkennen, der vom Staat lebt, diesen Staat ablehnt, für die Ausbildung seiner Kinder nicht vernünftig sorgt und ständig neue kleine Kopftuchmädchen produziert. Das gilt für 70 Prozent der türkischen und für 90 Prozent der arabischen Bevölkerung in Berlin.»
Im August legte Sarrazin nach und sagte im Radio: «Für die Gesamtheit der muslimischen Einwanderung in Deutschland gilt die statistische Wahrheit: In der Summe haben sie uns sozial und auch finanziell wesentlich mehr gekostet, als sie uns wirtschaftlich gebracht haben.» Der Bundesbank-Vorstand forderte zudem, bei künftigen Migranten wesentlich schärfere Massnahmen anzulegen. «Die unqualifizierte Migration, die wir gegenwärtig haben, und die Migration des ungebildeten, unqualifizierten Familiennachzugs, das kann in dieser Form nicht weitergehen.»
Seine verhängnisvollen Aussagen
Mit der These, alle Juden hätten ein bestimmtes Gen, heizte er Ende August dann den Streit weiter an. Mitglieder der Bundesregierung und andere Politiker aller Parteien, der Zentralrat der Juden und die Türkische Gemeinde reagierten mit heftiger Empörung und stellten die Eignung Sarrazins für sein Amt an der Notenbankspitze in Frage.
Der 65-jährige kam in Gera zur Welt. Der Vater zweier Söhne wuchs in Recklinghausen auf und promovierte in Bonn «magna cum laude». Nach 20 Jahren im Bundesfinanz- und Arbeitsministerium war er zwischenzeitlich Leiter des Ministerbüros des SPD-Urgesteins Hans Matthöfer. 1991 wechselte er als Staatssekretär nach Rheinland-Pfalz. Erst Ende der 1990er-Jahre kam er nach Berlin als Geschäftsführer der TLG Treuhandliegenschaftsgesellschaft. Auch Vorstandsmitglied der Bahn war er.
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