«Es gibt eigentlich keinen Grund, in Italien zu bleiben»
«Gomorrha»-Autor Roberto Saviano bleibt nach seinem neusten Buch, das nun auf Deutsch erhältlich ist, auf der Todesliste der Mafia. Dennoch ist er besessen von der Mafia.
«Gomorrha» machte Roberto Saviano reich und berühmt, aber auch unglücklich. «Ich hasse ‹Gomorrha›, ich verabscheue dieses Buch von ganzem Herzen», bilanzierte er im Sommer 2008 - zwei Jahre nachdem der dokumentarische Roman über das Innenleben der Camorra erschienen war. «Wenn ich gewusst hätte, was auf mich zukommt, hätte ich dieses Buch nie geschrieben. Aber ich habe es geschrieben, und ich bezahle einen hohen Preis dafür – jeden Tag meines Lebens». Der 31-jährige Journalist lebt im Untergrund, stets beschützt von Leibwächtern, er führt ein Leben in ständiger Angst. Was Saviano geblieben ist, ist vor allem das Schreiben.
«Schreiben hat mir in diesen Jahren die Möglichkeit gegeben zu existieren», sagt Saviano. Und so verfasste er in den letzten Jahren Essays und Kommentare, Reportagen und Porträts, Nachrufe und Rezensionen. Insgesamt 26 Artikel hat der Mafia-Kritiker in einem Buch verpackt («La bellezza e l'inferno»). Unter dem Titel «Die Schönheit und die Hölle» ist es nun auch im deutschsprachigen Raum erhältlich.
Buchpräsentation in Deutschland
In diesen Tagen präsentiert Saviano sein neues Buch in Deutschland. Unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen trat er am Wochenende in Berlin auf. Dabei äusserte er den Satz, «dass es eigentlich keinen Grund gibt, in Italien zu bleiben», wie die Zeitung «Die Welt» berichtet. Vielleicht bleibe er wegen seiner Arbeit in seiner Heimat, mutmasst Saviano. «Entwurzelt im eigenen Land zu sein, scheint mir immer noch leichter, als entwurzelt im Ausland zu sein». Und weiter: «Im Ausland fehlt mir das Gefühl, gebraucht zu werden. Wenn ich in Italien gehört werde, dann können meine Worte zu einem Instrument werden, das die Verhältnisse ändert.» Er sei besessen von der Mafia, erklärt Saviano seinen Entscheid, in Italien zu bleiben.
Killerkommando am «Arsch Italiens»
«Brief an mein Land» - so heisst ein Artikel, in dem er sich mit den kriminellen Machenschaften und dem moralischen Verfall in seiner Heimat Neapel auseinandersetzt. In diesem Artikel, der in manchen italienischen Medien gelobt wurde, berichtet Saviano über ein Killerkommando, das nördlich von Neapel, am «Arsch Italiens», sein Unwesen treibt, wo illegal errichtete Siedlungen afrikanischen Townships ähneln und ein Terror herrscht, der nicht arabisch spricht. «Wie kann ich es meiner Heimat klarmachen, dass sie aufhören muss, sich von der Arroganz der Starken und der Feigheit der Schwachen niederdrücken zu lassen?» klagt Saviano. Und er ruft seine Landsleute auf, Mut zu zeigen und gemeinsam den Kampf gegen die Mafia aufzunehmen. «Es nicht schwer, keine Angst mehr zu haben. Es würde genügen zu handeln, aber nicht allein.» Nach seinem neusten Buch ist klar, dass Saviano seinen Platz auf der Todesliste der neapolitanischen Mafia nicht verlieren wird.
Die Hölle ist aber nicht nur Neapel, sondern auch sein eigenes Leben. Saviano wird nicht nur von der Camorra angefeindet, sondern auch von einem der Mächtigsten im Lande, Regierungschef Silvio Berlusconi, und seinen Medien. Berlusconi hat den im Ausland hochgeachteten Autor wiederholt als «Nestbeschmutzer» verunglimpft.
«La bellezza e l'inferno» hat Saviano seinen Lesern gewidmet. «Und auch jenen, die es möglich gemacht haben, dass ‹Gomorrha› ein gefährlicher Text wird.»
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