Politisches Wunderkind soll Italien retten
Der Sozialdemokrat Enrico Letta soll die politische Krise in Italien beenden. Er wurde von Staatspräsident Napolitano mit der Bildung einer neuen Regierung beauftragt. In seiner ersten Äusserung kritisierte er die europäische Sparpolitik.

Enrico Letta soll es richten: Der Vizechef der Demokratischen Partei (PD) ist knapp zwei Monate nach den italienischen Parlamentswahlen mit der Bildung einer neuen Regierung beauftragt worden. Der 46-Jährige gilt als umsichtig und moderat. Trotz seines für Italiens Führungselite recht geringen Alters – Staatspräsident Giorgio Napolitano ist 87 – blickt Letta bereits auf umfangreiche politische Erfahrungen zurück.
In einer ersten Stellungnahme nach seinem Gespräch mit Napolitano kritisierte er die europäische Sparpolitik zur Bekämpfung der Eurokrise und kündigte an, die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen. Die politische Lage des Landes beschrieb Letta als «sehr schwierig». Schliesslich warte Italien bereits seit 60 Tagen auf eine neue Regierung.
Letta übernahm das Industrieressort
1966 in Pisa zur Welt gekommen, studierte Letta in seiner Heimatstadt Politikwissenschaften und internationales Recht. Seine erste politische Rede hielt er nach eigenen Angaben in seiner Studienzeit auf einer Demonstration gegen den sowjetischen Einmarsch in Afghanistan. In den 1990er-Jahren war Letta Vorsitzender der Jungen Christdemokraten. Mit Anfang 30 machte ihn der damalige Regierungschef Massimo d'Alema 1998 zum Minister für Europäische Angelegenheiten. Ein Jahr später übernahm Letta das Industrieressort.
2004 wurde Letta ins Europaparlament gewählt und vertrat dort das Mitte-links-Bündnis L'Ulivo. Bereits 2006 kehrte er jedoch in die italienische Politik zurück und übernahm einen hohen Staatssekretärsposten in der Regierung von Romano Prodi. Die gleiche Position hatte unmittelbar zuvor sein Onkel Gianni Letta unter Ministerpräsident Silvio Berlusconi innegehabt.
«Eine Kathedrale bauen»
Gianni Letta ist ein Vertrauter Berlusconis. Die Verwandtschaft könnte es seinem Neffen möglicherweise erleichtern, mit Berlusconis konservativer Partei Volk der Freiheit (PDL) eine Koalition zu schmieden. Seine grundsätzliche Bereitschaft zu einem solchen Bündnis hat Enrico Letta bereits kundgetan, auch wenn er in der Vergangenheit Berlusconi deutlich kritisierte. In seiner eigenen Partei ist Letta durch die Rücktrittserklärung von PD-Chef Pier Luigi Bersani faktisch an die Spitze gerückt.
Letta hat mehrere Bücher veröffentlicht. Eins trägt den Titel: «Eine Kathedrale bauen – warum Italien wieder gross denken muss». Der dreifache Vater, der zum zweiten Mal verheiratet ist, beschreibt sich selbst als «postideologisch». In moralischen Fragen vertritt der Katholik eher konservative Ansichten, in wirtschaftlichen Fragen gilt er als gemässigt. Wie seine gesamte Partei unterstützte Letta die Expertenregierung von Mario Monti und deren Reformen.
Letta, der privat gern Musik der britischen Rockband Dire Straits hört, nennt die Friedensnobelpreisträger Lech Walesa aus Polen und Nelson Mandela aus Südafrika als Vorbilder. Der Wochenzeitung «Corriere della Sera» vertraute er im vergangenen Jahr zudem an, er wäre gern wie der italienische Comicheld Dylan Dog, «intelligent und von den Frauen umworben».
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