«Sogar Vertreter der Kirche zeigen Verständnis für die Randalierer»
Nach dem Mord an einem Russen ist es in Moskau zu fremdenfeindlichen Krawallen gekommen. Über die Hintergründe der Gewaltexplosion und die Reaktionen darauf äussert sich Russland-Korrespondent Julian Hans.
Tausende Demonstranten haben in Moskau ein Einkaufszentrum gestürmt, um offenbar den Mord an einem jungen Russen zu rächen. Was sind die politischen und sozialen Hintergründe der rabiaten Ausschreitungen? Die Wut richtete sich gegen Migranten aus dem Kaukasus und aus Zentralasien, gegen die Polizei, die angeblich nicht genug tut, um den Mord aufzuklären, und gegen die Politik, von der die Randalierer fordern, den Zuzug von Fremden zu begrenzen. Wir haben es hier mit Fremdenhass zu tun, nicht mit Ausländerfeindlichkeit, denn die Zuwanderer kommen zum grossen Teil aus den südlichen Republiken der Russischen Föderation. Von dem Verdächtigen heisst es, er habe ein «kaukasisches Äusseres». Wenn er aus dem Nordkaukasus kommt, ist er Bürger der Russischen Föderation. Anders als in einigen europäischen Städten, in denen es in den vergangenen Jahren Proteste und Ausschreitungen gegen Migranten gab, spielt Arbeitslosigkeit in Moskau kaum eine Rolle. Die Stadt boomt, die Migranten werden gebraucht und verrichten oft schwere physische Arbeit für Hungerlöhne.