Timoschenko tritt wieder in Hungerstreik
Wahlbeobachter loben die eigentlichen Wahlen in der Ukraine, werfen der Regierungspartei aber Machtmissbrauch im Vorfeld vor. Aus Protest will Oppositionsführerin Timoschenko nur noch Wasser zu sich nehmen.
Aus Protest gegen angeblichen Wahlbetrug ist die inhaftierte ukrainische Oppositionsführerin Julija Timoschenko in einen Hungerstreik getreten. Ihr Anwalt Sergij Wlasenko verlas in Charkiw eine Erklärung der Politikerin, in der sie ihren «Hungerstreik aus Protest gegen Wahlfälschungen» bekannt gab. Timoschenko nehme nur noch Wasser zu sich und habe die Strafvollzugsverwaltung über ihren Hungerstreik informiert, sagte Wlasenko vor dem Krankenhaus, in dem die einstige Ikone der Orangenen Revolution wegen eines Rückenleidens behandelt wird.
Die Wahlbeobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Euopa bescheinigten der Ukraine einen Rückschlag für die Demokratie. Angesichts von «Machtmissbrauch» und der «überzogenen Rolle des Geldes» bei dem Urnengang «scheint sich der demokratische Prozess in der Ukraine umzukehren», sagte die OSZE-Sonderkoordinatorin Walburga Habsburg Douglas.
Ungleiche Startbedingungen kritisiert
In einem Communiqué kritisierte die OSZE, die Parteien hätten nicht alle unter gleichen Voraussetzungen ins Rennen steigen können. Vor allem der Missbrauch von Ressourcen der Verwaltung, untransparente Kampagnen und untransparente Parteifinanzierung sowie unausgewogene Medienberichterstattung seien für die ungleichen Startbedingungen verantwortlich.
Lobend äusserten sich die Wahlbeobachter aber über die Durchführung der Stimmabgabe. Diese sei friedlich und ruhig verlaufen und in 96 Prozent der beobachteten Fällen positiv bewertet worden. Insgesamt waren 3700 internationale Beobachter präsent. Im Vorfeld hatte die Opposition Benachteiligung und während der Abstimmung Unregelmässigkeiten beklagt.
Der Westen beobachtet die Wahl genau, nachdem Timoschenko und andere Oppositionspolitiker bei aus Sicht des Westens politisch motivierten Verfahren zu langen Haftstrafen verurteilt wurden. Bei der Präsidentschaftswahl 2004 war es zudem zu massiven Fälschungen gekommen.
EU doppelt nach
Die Europäische Union hat die Parlamentswahlen in der Ukraine nach Publikation des Berichts der Wahlbeobachter kritisiert. Die internationalen Wahlbeobachter hätten zahlreiche Mängel entdeckt, schrieben die EU-Aussenbeauftragte Catherine Ashton und EU-Erweiterungskommissar Stefan Füle in einer gemeinsamen Erklärung.
«Wir erwarten, dass das künftige Parlament der Ukraine den Willen der Wähler korrekt widerspiegelt», mahnten sie im Namen der EU-Kommission. Ashton und Füle bedauerten, dass Gerichtsprozesse im Vorfeld der Wahlen Oppositionelle davon abgehalten hätten, an den Wahlen teilzunehmen.
Diese Prozesse hätten «nicht den internationalen Standards entsprochen». Die Ukraine müsse das Justizsystem reformieren. Von den ukrainischen Behörden verlangten sie, die Auszählung aller Stimmen und die Veröffentlichung der Resultate «korrekt auszuführen».
Regierungschef Siegesgewiss
Alles deutet derweil auf einen klaren Sieg der Regierungspartei von Präsident Viktor Janukowitsch hin. Nach Auszählung der Hälfte der abgegebenen Stimmen kommt die Partei der Regionen auf 35 Prozent, vor der oppositionellen Vaterlandspartei der inhaftierten Ex-Regierungschefin Julija Timoschenko mit 22 Prozent, wie die Wahlkommission mitteilt.
Regierungschef Mikola Asarow zeigte sich siegesgewiss: «Wir erwarten, dass die Partei der Regionen die Mehrheit im neuen Parlament erringt.» Fraktionschef Olexander Efremow rechnete mit 230 der insgesamt 450 Sitze.
Auf dem dritten Platz liegen mit 15 Prozent die Kommunisten, vor der Udar-Partei von Box-Weltmeister Vitali Klitschko, die auf 13 Prozent kommt. Die nationalistische Partei Swoboda (Freiheit) erzielt acht Prozent.
Die Hälfte der 450 Mandate wird über Parteilisten vergeben, während die andere Hälfte der Abgeordneten direkt gewählt wird. Die Teilergebnisse beziehen sich auf die nach Verhältniswahlrecht vergebenen Sitze. Die Aufteilung der Direktmandate ist schwer vorherzusehen. Die genauen Mehrheitsverhältnisse stehen daher erst bei der konstituierenden Sitzung des neuen Parlaments fest. Die Regierungspartei dürfte aber einen deutlichen Anteil der unabhängigen Direktkandidaten und der kleinerer Parteien an sich binden können.
Auch Udar-Spitzenkandidat Klitschko rechnete trotz eines angestrebten Bündnisses mit der Timoschenko-Partei und der Swoboda «aller Wahrscheinlichkeit nach» mit einer Mehrheit für die Regierungspartei und die mit ihr verbündeten Kommunisten. Klitschko äusserte sich enttäuscht über das Abschneiden seiner Partei, die in Umfragen vor der Wahl an zweiter Stelle gelegen hatte. Er rief die Opposition zur Zusammenarbeit auf, um «das Regime Janukowitsch von der Macht zu verdrängen und die politischen Gefangenen zu befreien».
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