Die Rückkehr eines Glücklosen
US-Aussenminister John Kerry reist in den Nahen Osten, um sich für einen Waffenstillstand im Gazastreifen einzusetzen. Als Vermittler ist er bisher nur gescheitert.
Und wieder geht es in den Nahen Osten. US-Aussenminister John Kerry ist am Montag nach Kairo gereist, um sich für einen sofortigen Waffenstillstand im Gazastreifen einzusetzen. Kerry werde versuchen, «die Ruhe zurückzubringen», die nach den letzten Kämpfen im November 2012 mit einem Abkommen erzielt worden sei, sagte Amerikas Botschafter in Israel, Dan Shapiro. Hierfür werde der Aussenminister mit Vertretern Israels, Ägyptens sowie der palästinensischen Behörden zusammenkommen.
Den entscheidenden Schritt aber erwarten die USA klar von der Hamas. Am Sonntag hat John Kerry die radikale Palästinenserorganisation in mehreren Fernsehinterviews für die Eskalation der Gewalt in Gaza verantwortlich gemacht. «Israel wird von einer Terrororganisation belagert», sagte Kerry dem Sender CNN. Dass die Hamas Kidnapper und verkleidete Bombenleger durch Tunnels auf israelisches Gebiet schleuse und das Land unter Raketenbeschuss halte, rechtfertige eine militärische Antwort: «Kein Volk kann so leben.» Nun liege es an der Hamas, die Hand für eine Feuerpause zu reichen: «Sie muss einsehen, dass sie Leben retten kann, indem sie einem Waffenstillstand zustimmt.» Dass die Hamas ein von Ägypten vermitteltes Angebot ausgeschlagen habe, nannte Kerry «stur» und «uneinsichtig».
«Höllisch zielgenaue Operation»
Auch Präsident Barack Obama hat vorsichtig Verständnis für Israels Waffengang in Gaza gezeigt. Am Sonntag telefonierte er zum zweiten Mal innert drei Tagen mit dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu und bekräftigte dabei gemäss dem Weissen Haus Israels Recht auf Selbstverteidigung. Allerdings soll Obama im Gespräch auch «ernste Bedenken» angesichts der hohen Zahl der Toten geäussert haben.
Der Blutzoll wühlt den US-Aussenminister auf. Kurz vor seinem sonntäglichen Auftritt beim rechtskonservativen Sender Fox News schnitt ein bereits eingeschaltetes Mikrofon mit, wie Kerry sich gegenüber einem Mitarbeiter sarkastisch über die «höllisch zielgenaue Operation» der Israelis ausliess. Als der Moderator den Aussenminister in der Sendung mit der Tonaufnahme konfrontierte, hielt Kerry an seinen Worten fest: «Ich habe auf eine Weise reagiert, wie jeder es tun würde, wenn es um kleine Kinder und Zivilisten geht.» Gleich im nächsten Satz allerdings schien Kerry wieder aufräumen zu wollen mit der eigenen Empfindlichkeit. «Krieg tut weh. Ich habe es schon einmal gesagt, und ich sage es wieder: Wir verteidigen Israels Recht zu tun, was es tut.» Die USA stehen Israel offiziell zu jeder Zeit unverbrüchlich zur Seite; Detailkritik wird von der mächtigen proisraelischen Lobby in Washington schnell als Verrat ausgelegt. Die Verbundenheit übersteigt das Symbolische. Wie das US-Aussenministerium bestätigte, befinden sich unter den 13 in Gaza gefallenen israelischen Soldaten auch zwei US-Bürger.
Israels Mitschuld
Für John Kerry ist die Reise in den Nahen Osten eine Rückkehr an einen glücklosen Ort. Während seines ersten Jahres als Aussenminister hat er einen Grossteil seiner Zeit und Kraft in Friedensverhandlungen für die Region investiert. So oft war er letztes Jahr im Nahen Osten, dass andere Verbündete sich vernachlässigt fühlten. Im April 2014 aber waren die Verhandlungen am Ende. Auf palästinensischer Seite schloss die Fatah überraschend einen Pakt mit der radikalislamischen Hamas, die von Israel wie den USA als Terrororganisation abgelehnt wird. Die israelische Regierung wiederum erklärte, es sei an der Zeit, sich wichtigeren Themen als dem Friedensprozess zuzuwenden, etwa der iranischen Bedrohung. Für Aussenminister Kerry war das Scheitern seines Friedensplans eine herbe Enttäuschung. Vor einem Senatsausschuss in Washington gab er Israel zumindest eine Mitschuld daran. Israel habe die Freilassung von palästinensischen Gefangenen verschleppt und zudem den Bau von 700 neuen Siedlungseinheiten in den Palästinensergebieten angekündigt. Das habe die Gespräche unterlaufen: «Paff, das war wohl der Moment. Nun sind wir, wo wir sind.» Die Äusserungen sorgten in Israel für einigen Unmut. Sie dürften Kerry während seines jetzigen Besuchs erneut vorgehalten werden.
Erstellt: 22.07.2014, 06:39 Uhr
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