Das ist Ben Alis Nachfolger
Heute stimmt die verfassungsgebende Versammlung über den neuen tunesischen Staatspräsidenten ab – Moncef Marzouki wird wohl das Amt übernehmen.

Vier Wochen nach den ersten freien Wahlen in Tunesien ist erstmals die verfassungsgebende Versammlung zusammengetreten. Das für ein Jahr gewählte Gremium soll durch die Erarbeitung einer neuen Verfassung den Weg für eine Neuwahl ebnen.
Kurz vor der Auftaktsitzung einigte sich die islamistische Ennahda-Bewegung mit zwei anderen Parteien auf die Vergabe der Spitzenposten. So soll Ennahda-Generalsekretär Hammadi Jébali Regierungschef werden.
Staatspräsident wird Moncef Marzouki von der Mitte-links-Partei CPR (Kongress für die Republik). Gemäss dem Drei-Parteien-Abkommen wird Mustapha Ben Jaâfar von der sozialdemokratischen Partei Ettakatol (FTDL) Chef des Übergangsparlaments.
Die Ennahda-Bewegung um Spitzenpolitiker Rachid Ghannouchi hatte die Wahlen am 23. Oktober mit grossem Vorsprung gewonnen. Sie besetzt in der verfassungsgebenden Versammlung 89 von 217 Sitzen und ist damit dreimal so stark wie die zweitstärkste politische Kraft CPR.
Proteste für Beibehaltung der Frauenrechte
Vor dem Versammlungsgebäude in einem Vorort der tunesischen Hauptstadt Tunis kamen am Dienstag 1000 Menschen zu einer Demonstration zusammen. Viele von ihnen forderten die Garantie von Frauenrechten in der neuen Verfassung, für deren Erarbeitung die Versammlung zuständig ist.
Unter dem gestürzten Diktator Zine al-Abidine Ben Ali hatte das Land einige der fortschrittlichsten Frauenrechte in der arabischen Welt. Einige Tunesier befürchten, dieser Status könnte unter der Regierung einer islamistischen Partei abhandenkommen. Die Ennahda und ihre Koalitionspartner haben versprochen, die Frauenrechte zu erhalten.
Politikerin ausgebuht
Eine neu ins Amt gewählte Ennahda-Politikerin, Souad Abderrahim, wurde von Demonstranten ausgebuht, die ihren Rücktritt forderten. Die Politikerin, die kein Kopftuch trägt, war in die Kritik geraten, nachdem sie alleinerziehende Mütter als «Schande» bezeichnet hatte.
Die Ennahda präsentiert sich derzeit als moderne Partei nach dem Vorbild der türkischen AKP. Unter dem im Januar gestürzten Langzeitherrscher Ben Ali galt sie als extremistisch und war verboten.
Neun Monate nach dessen Sturz waren vor vier Wochen rund sieben Millionen Tunesier aufgerufen, den Grundstein für eine demokratische Zukunft ihres Landes zu legen. Die 217 Mitglieder einer verfassungsgebenden Versammlung sollen in den kommenden zwölf Monaten ein Grundgesetz erarbeiten. Danach soll es Parlaments- und Präsidentenwahlen geben.
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