Die Macht der Offiziere
Seit Jahrzehnten spielt die Armee eine zentrale Rolle in der ägyptischen Politik – so auch in der aktuellen Krise. Sogar der zivile Präsident Mursi umgarnt die wohlhabenden, wirtschaftlich einflussreichen Offiziere.

Die Armee ist einer der Hauptakteure auf der politischen Bühne Ägyptens. Alle Amtsvorgänger von Präsident Mohammed Mursi seit dem Ende der Monarchie 1952 kamen aus ihren Reihen: Mohammed Nagib, Gamal Abdel Nasser, Anwar al-Sadat und Hosni Mubarak.
Auch in der jüngsten Krise kommt den Streitkräften wieder eine Schlüsselrolle zu, zuletzt wurden ihre Befugnisse ausgeweitet. Mursi gab der Armee gestern Polizeirechte: Soldaten dürfen nun auch Zivilisten festnehmen. Dabei hatte Mursi, der erste zivile Präsident Ägyptens, die Armee zunächst in die Schranken gewiesen.
Mursi wollte die Militärs zügeln
Nach dem Sturz seines Vorgängers Mubarak im Februar vergangenen Jahres, dem eine schleichende Entfremdung der Streitkräfte von ihrem obersten Befehlshaber vorausgegangen war, hielt der Oberste Militärrat unter Marschall Hussein Tantawi die Zügel in der Hand.
Auch Mursi wollten die Militärs nach dessen Amtseinführung Ende Juni zügeln – die Angst vor einem Islamisten an der Staatsspitze war in ihren Reihen gross. Doch Mursi entschied den Machtkampf Mitte August für sich, schickte Tantawi in den Ruhestand und eroberte die legislative Gewalt zurück.
Wohlhabende Offiziere
Der Showdown mit dem eitlen Tantawi ging erstaunlich geräuschlos über die Bühne, was zu Mutmassungen führte, dass die Armeeführung ihr Stillhalten versilbert bekam. Das Offizierskorps dürfte zu einer der wohlhabendsten Gesellschaftsgruppen in Ägypten zählen.
Im Dienst oder bereits in Rente kontrollieren die Generäle grosse Teile der Wirtschaft – von Immobilien über Zementfabriken bis hin zu Mineralwasserabfüllern. Zudem sind die Streitkräfte finanziell durch den Staat und das Ausland bestens gerüstet.
Die USA versorgen die ägyptische Armee mit Ausrüstung und 1,3 Milliarden Dollar jährlich. Nach Angaben des International Institute for Strategic Studies (IISS) in London verfügen die Streitkräfte über 470'000 Soldaten und 480'000 Reservisten.
Ungewisse Loyalität
Auch Mursis umstrittener Verfassungsentwurf, gegen den die Opposition seit Tagen Sturm läuft, billigt der Armee künftig einen grossen Handlungsspielraum zu. Der Verteidigungsminister wird demnach von den Generälen ausgewählt.
Ein Gremium unter dem Vorsitz des Staatschefs, aber mehrheitlich mit Generälen besetzt, berät über das Verteidigungsbudget und die Armee betreffende Gesetzgebung. Auch wenn Mursi die Armee umgarnt, bleibt unklar, wie gross ihre Loyalität zu dem Islamisten ist.
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