Das sagen Experten nach dem Abschuss
Einschätzungen von Kennern zum abgeschossenen russischen Kampfjet an der türkisch-syrischen Grenze – laufend aktualisiert von Redaktion Tamedia.
An der türkisch-syrischen Grenze hat die türkische Luftwaffe einen russischen Kampfjet abgeschossen. So viel ist bestätigt. Befand sich die Maschine vom Typ Su-24 in syrischem oder türkischem Luftraum? Widersprüche aus Moskau und Ankara. Wurde der Jet vom Boden oder aus der Luft abgeschossen? Auch hier gibt es Unklarheiten.
Ein solcher Vorfall sei eine Frage der Zeit gewesen, sagt ein Sicherheitsexperte zu Redaktion Tamedia. Denn am Himmel über Syrien drängen sich die Luftwaffen von Syrien, den USA, Frankreich, Russland, der Türkei. Auch Israel und die Golfstaaten sind involviert. Und die Briten kommen noch hinzu.
Von einer Frage der Zeit spricht auch Jörg Forbrig vom German Marshall Fund of the United States in Berlin gegenüber Bloomberg News. Das jüngste Ereignis zeige jedem, wie gross das Risiko einer direkten Konfrontation zwischen Russland und der Nato sei.
Vorfall befürchtet
Diese Einschätzungen unterstreicht der BBC-Korrespondent für Weltpolitik: «Einen solchen Vorfall haben viele befürchtet, als Russland seine Militäroperationen in Syrien ankündigte. Einsätze so nah an der türkischen Grenze bringen offensichtliche Gefahren mit sich», schreibt Jonathan Marcus auf der Website der BBC.
Die Türkei hat Russland vermehrt Grenzverletzungen vorgeworfen und Mitte Oktober eine angeblich russische Drohne an der Grenze zu Syrien abgeschossen (zur Meldung).
Diplomatisches Feuerwerk
Nach Einschätzung eines Sicherheitsexperten werde Moskau nach dem Abschuss sehr stark protestieren. Der BBC-Journalist spricht von einem bevorstehenden diplomatischen Feuerwerk. Welche Konsequenzen hat dieser Vorfall? Darüber kann man aktuell nur spekulieren, hängen doch die weiteren Entwicklungen von komplexen politischen Interessen ab. Es wird auch diskutiert werden, inwiefern dieser Vorfall von der einen oder anderen Seite provoziert worden sein könnte.
Für einen weiteren Politologen, der aufgrund der derzeit unklaren Lage nicht zitiert werden möchte, sei indes klar: Die Türken haben kein Interesse daran, einen russischen Kampfjet abzuschiessen.
Fehlkommunikation zwischen Ankara und Moskau?
Er sagt zudem: «Zwischen den Amerikanern und Russen gab es Absprachen, um solche Vorfälle zu verhindern. Es ist völlig unverständlich, dass es dieses Deconflicting offenbar nicht zwischen Türken und Russen gab, obwohl Präsident Erdogan direkt mit seinem Amtskollegen Putin gesprochen hat.»
Gegenüber CNN nennt Sajjan Gohel, Sicherheitsexperte bei der Asia-Pacific Foundation, den Vorfall eine gravierende Eskalation. «Im Nachgang der Paris-Anschläge gab es Hoffnungen, dass Russland gemeinsam mit Frankreich und den USA eine Allianz gegen den IS schmieden könnten», sagt Gohel. Doch dieser Abschuss würde die Situation noch zusätzlich verkomplizieren – unnötigerweise.
Zwischen zwei Extremen
Generell sind laut Expertenmeinung nun zwei Extreme im Nachgang des Abschusses möglich: Entweder wird der Vorfall durch die internationale Gemeinschaft klein gehalten, deeskaliert und diplomatisch gelöst. Oder er führt zu einer Eskalation. Eine Variante zwischen diesen beiden Polen erscheint aus historischer Sicht am wahrscheinlichsten.
Die Türkei hat angekündigt, die UNO einzuschalten, in deren Sicherheitsrat Russland eine Vetomacht ist. Zudem ist die Nato bereits hinzugezogen worden, was aufgrund der eh schon angespannten Lage zwischen Russland und dem westlichen Militärbündnis weiteres Konfliktpotenzial bedeuten könnte.
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