«Libyen wird auch nach Ghadhafis Fall nicht zur Ruhe kommen»
Die Rebellen rücken nach Tripolis vor. In der Hauptstadt demonstrieren Tausende gegen Ghadhafi. Ist das sein Ende? Nahost-Kenner Arnold Hottinger und Strategie-Experte Albert Stahel beurteilen die Lage.
Steht Ghadhafi kurz vor dem Fall?Hottinger: Noch nicht, er hat ja auch noch die Möglichkeit, sich in die Region Fezzanzurückzuziehen. Tripolis ist aber noch nicht gefallen. Ich glaube, er wird bis zum blutigen Ende weiterkämpfen. Ich vermute, all die Gerüchte über Verhandlungen, dienen nur dazu, Zeit zu gewinnen. Schlussendlich aber wird Ghadhafi unterliegen. Aber das könnte noch lange dauern, vielleicht Monate.
Den Rebellen gelangen in den letzten Wochen und Tagen grosse Terraingewinne. Jetzt beginnt der Sturm auf Tripolis. Warum hat sich vorher monatelang – trotz Nato-Luftschlägen – kaum etwas bewegt?Hottinger: Es dauerte so lange, weil sich die Rebellen zuerst besser organisieren mussten, dies geschah mit Hilfe von ausländischen Militärberatern. Aber auch die Rebellen im Westen, die Berber aus dem Jebel Nufus, sind für die Fortschritte verantwortlich. Sie haben eine eigene Kampftradition. Sie sind eher in der Lage, einen offensiven Krieg zu führen, als die Zivilisten von Benghazi und Misurata. In Misurata haben sich die Bürger sehr tapfer geschlagen, jedoch in einem defensiven Krieg, was weniger Koordination und Strategie voraussetzt, als ein Angriff.