Proteste in Tunesien jagen Minister aus dem Amt
In Tunesien bleibt Ministerpräsidient Mohammed Ghannouchi an der Spitze der Übergangsregierung. Doch zwölf wichtige Ministerposten, die bisher Vertraute des gestürzten Präsidenten Zine El Abidine Ben Ali innehatten, werden neu besetzt.
Ghannouchi gab die seit Tagen von Demonstrierenden geforderte Kabinettsumbildung am Donnerstagabend bei einer Ansprache im Fernsehen bekannt. Demnach werden unter anderem die Schlüsselressorts Äusseres, Inneres, Verteidigung sowie Finanzen neu besetzt. Das neue Kabinett bestehe aus zwölf neuen und neun bisherigen Ministern, sagte der Premierminister. Er selbst hatte bereits angekündigt, sich nach Neuwahlen aus der Politik zurückziehen zu wollen.
Es handle sich um eine Übergangsregierung, betonte der 69-jährige Ghannouchi. Sie bleibe im Amt bis sie ihre Mission erfüllt habe, Tunesien zu demokratisieren. Das neue Kabinett werde Wahlen organisieren, die von unabhängiger Seite kontrolliert würden, in Anwesenheit internationaler Beobachter.
Starker Einfluss der Einheitsgewerkschaft
Tausende Tunesier und die mächtige Einheitsgewerkschaft UGTT hatten seit Tagen den Austritt aller früheren Gefolgsleute Ben Alis aus der Regierung gefordert – einschliesslich des Regierungschefs Ghannouchi. Am Donnerstag hatte die UGTT aber erklärt, mit einem Verbleib Ghannouchis im Amt einverstanden zu sein. Sie selbst weigerte sich allerdings, der Regierung beizutreten.
Aussenminister zuerst zurückgetreten
Kamel Morjane, der seit 2005 unter dem geflüchteten Präsidenten Ben Ali amtierte, hatte bereits am Nachmittag seinen Rücktritt erklärt – vor der Verkündung der weiteren Personalien. Er begründete seinen Schritt mit den Interessen des Landes. In einem Interview hatte er zuvor bereits angekündigt, dass er sich nicht an die Macht klammere. Er wolle seinem Land lediglich helfen, so schnell wie möglich zur Normalität zurückzukehren.
Der 69-jährige Morjane war zunächst als Verteidigungsminister in die Regierung gekommen. Vor seinem Regierungsarbeit war er im Dienst der UNO gewesen, unter anderem beim Hochkommissariat für Flüchtlinge. Sein Rücktritt ist der zweite Abgang nach der Vereidigung der jungen Übergangsregierung, die das Land nach der Flucht des autoritären Ex-Präsident Zine el Abidine Ben Ali auf Neuwahlen vorbereiten soll.
Morjanes Nachfolger wird der Politiker Ahmed Abderraouf Ounaïs, der unter Habib Bourguiba und Ben Ali in Staatsdiensten gestanden hatte. Der frühere Diplomat war seit 1994 im Ruhestand gewesen.
Scharfe Proteste gegen Ben Alis Leute
Gegen die Beteiligung der alten Garde Ben Alis an der Regierung gibt es nach wie vor Proteste im Land. Schüler und Studenten demonstrierten auch am Donnerstag in der Hauptstadt Tunis, während das öffentliche Leben in dem Ort Sidi Bouid von einem Generalstreik gelähmt wurde.
Tausende gingen in Sidi Bouid auf die Strasse. «Nein zum Raub der Revolution», riefen die Regierungsgegner. Die Demonstranten folgten mit ihrem Protestmarsch einem Aufruf der mächtigen Einheitsgewerkschaft UGTT.
In Sidi Bouid hatten die Unruhen mit der Selbstverbrennung eines Händlers im Dezember ihren Anfang genommen. Nach Angaben der Polizei beteiligten sich am Donnerstag rund 2000 Menschen an den Protesten, die UGTT gab die Zahl der Demonstranten mit 10'000 an.
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