Trump, die Gefahr für den Weltfrieden
Bob Corker, republikanischer Senator und einstiger Trump-Unterstützer, spricht aus, was viele denken. Der Präsident riskiere die USA «auf den Weg in den Dritten Weltkrieg» zu führen.

In Donald Trumps weissem Tollhaus, wo der Boss nahezu täglich an die Decke geht und rachsüchtig gegen Kritiker keilt, manifestiert sich die grösste Furcht der amerikanischen Gründerväter: Dass Männer «mit bösartigen Absichten», so James Madison, an die Macht gelangten und das amerikanische Projekt ruinierten.
Am Wochenende und bereits zuvor erlebte die Nation einmal mehr, wie brüchig die Psyche ihres Präsidenten ist. Der staatliche Betrieb scheint nur noch zu funktionieren, weil ein Aufsichtsrat von Generälen dem Topmanager auf die Finger schaut. Trump mochte am Samstag mal wieder Kriegsdrohungen gegen Nordkorea ausstossen und am Tag zuvor umgeben von Kommandeuren der US-Streitkräfte sogar von «der Ruhe vor dem Sturm» faseln, ohne dass ersichtlich war, was der Nostradamus aus New York damit meinte.
Corker war einer der ersten
Nicht Kim Jong-un aber nagte am Präsidenten, sondern Senator Bob Corker. Der Republikaner aus Tennessee hatte Trump während des Wahlkampfs als einer der ersten Establishment-Republikaner unterstützt, niemand wäre überrascht gewesen, wenn Trump ihn zum Aussenminister gemacht hätte. Immerhin ist Corker Vorsitzender des aussenpolitischen Ausschusses im Senat und dazu ein Politico mit Augenmass und Gespür für das Machbare. Was immer den Senator verführt hatte, die Nähe Donald Trumps zu suchen: Es rentierte sich nicht, und je mehr Trump seinen durchgeknallten Stil zelebrierte, desto zügiger distanzierte sich Corker von ihm. Nach Trumps beschämenden Kommentaren zu den rassistischen Vorfällen in Charlottesville im August bescheinigte Corker dem Präsidenten, er habe «weder die Stabilität noch die Kompetenz demonstriert, die er braucht, um erfolgreich zu sein».
Der Vorsitzende des aussenpolitischen Ausschusses im Senat, ein mächtiger Republikaner, twittert eine Laudatio auf Trumps Aufpasser als letzte Instanz vor der Apokalypse.
Wutentbrannt twitterte Trump daraufhin verbalen Unrat gegen Corker, der im September bekannt gab, auf eine dritte Amtszeit im Senat verzichten und den Kongress nach zwölf Jahren verlassen zu wollen. Vergangene Woche holte der dadurch befreite Senator per Tweet neuerlich gegen Trump aus und lobte die Aufpasser um den Präsidenten: Aussenminister Rex Tillerson, Pentagon-Chef James Mattis sowie Stabschef und Ex-Ledernacken-General John Kelly seien «die Leute, die unser Land vom Chaos trennen».
Das muss man sich vorstellen: Der Vorsitzende des aussenpolitischen Ausschusses im Senat, ein mächtiger Republikaner aus einem Südstaat, twittert eine Laudatio auf Trumps Aufpasser als letzte Instanz vor der Apokalypse. Trump muss Corkers Befund wie einen Hammerschlag empfunden haben, nachhaltig rumorten die Worte des Senators in seiner Psyche, ehe sich die aufgestaute Wut dann am Sonntagmorgen entlud.
Corker «punched» zurück
In einer Serie von Tweets beschimpfte Trump den Senator als Verlierer, der sich für seine Wiederwahl vergeblich Hilfe vom Präsidenten «erbettelt» und hingeschmissen habe, sobald Trumps Daumen nach unten gezeigt habe. Corker habe «nicht den Mut gehabt», sich neuerlich den Wählern zu stellen. Ausserdem habe Corker den furchtbaren Atomdeal mit dem Iran mitzuverantworten, so Trump.
Bekanntlich schmeichelt sich der Präsident damit, der beste «Counterpuncher» der Welt zu sein. Senator Corker indes fiel keineswegs um, sondern schlug zurück. Trump behandle sein Amt wie eine «Reality-Show» und stosse Drohungen gegenüber anderen Nationen aus, die zum «dritten Weltkrieg» führen könnten, sagte der Senator in einem Interview mit der «New York Times». Nicht nur er mache sich Sorgen über das Verhalten des Präsidenten. Jeder, dem etwas an der Nation liege, müsse sich Sorgen machen. Schon zuvor am Sonntag hatte Corker seinem Unmut freien Lauf gelassen: Es sei «eine Schande, dass das Weisse Haus ein Kindergarten für Erwachsene geworden ist; offensichtlich ist heute Morgen jemand nicht zum Dienstantritt erschienen», twitterte der Senator und wollte sagen, leider habe ein Kindermädchen den Schichtwechsel verpasst, worauf Klein-Donald ausgerastet sei.
Furchterregendes Gesamtwerk
Zu traurig nur, dass es die politische Pensionierung braucht oder eine Zigarre in vertrauter Runde, um die Zungen republikanischer Senatoren zu lockern und die Wahrheit ans Tageslicht zu befördern: Dass der Präsident nämlich eine Zumutung ist oder ein «Schwachkopf», wie Aussenminister Tillerson meinte, und dass nur diskrete Aufsicht die Implosion von Trumps Reality-Show im Weissen Haus verhindert. Es ist modisch geworden, krampfhaft nach diesem oder jenem Ding zu suchen, das dem Präsidenten gelingt, vor allem in jenen Ecken, die sich als konservativ verstehen. Sie suchen in Trump verzweifelt etwas, was «konservativ» scheint, und sind im Gegenzug sogar bereit, die charakterlichen Deformierungen des Präsidenten zu übersehen. Klar, es gibt sie, die kleinen guten Dinge. Etwa, dass Donald Trump die staatliche Versicherung für idiotische Bauherren kippen möchte, die beharrlich in Hochwasserüberschwemmungsgebieten leben wollen.
Nicht nur er mache sich Sorgen über das Verhalten des Präsidenten. Jeder, dem etwas an der Nation liege, müsse sich Sorgen machen.
Das Trump’sche Gesamtwerk freilich ist eher furchterregend und wird von republikanischen Granden wie Bob Corker zusehends verrissen. Entweder aber sind sie zu feige – Trump könnte ihnen ja einen Widersacher bei den parteiinternen Urwahlen vorsetzen – oder zu opportunistisch, als dass sie dem Präsidenten wirklich in die Parade fahren würden. Ihre Ängste äussern sie in kleinstem Kreis, ihre Hoffnungen, es werde wider Erwarten gut gehen, ruhen vor allem auf Stabschef John Kelly. Der alte General werde es schon richten, raunen sie sich zu.
Die «absolut katastrophale Dysfunktion»
Kelly mag ein Mann von vorbildlichem Charakter sein, dazu ein gestandener Konservativer. Donald Trump zu kontrollieren aber ist ihm nicht gegeben. Wer könnte schon einen Präsidenten im Zaum halten, der seinem Handelsbeauftragten Robert Lighthizer vor Wochenfrist auftrug, bei den Verhandlungen mit Südkorea so zu tun, als sei Trump crazy. Wenn ihr «jetzt keine Konzessionen macht, wird dieser verrückte Typ den Deal platzen lassen», solle Lighthizer den Südkoreanern über Trump sagen. Den «Mad man», den Verrückten, zu geben, versuchte bereits Richard Nixon bei seinen Verhandlungen mit Nordvietnam. Es funktionierte nicht. Noch schlimmer: Nixon spielte eine Rolle, Trump spielt vielleicht keine. Es spricht jedenfalls Bände, dass die «absolut katastrophale Dysfunktion im Weissen Haus», so der demokratische Senator Chris Murphy am Sonntag, Generäle als Kindermädchen braucht. Gewiss drehte sich James Madison in seinem Grab in Virginia, so er die Wirrnis in Washington wahrnehmen könnte.
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