Es war ein emotionaler Moment, als der Schimmel Calvaro an jenem Nachmittag im Februar 2003 durch ein Spalier von 32 Rappen und Schimmeln der Leibgarde von Königin Elizabeth II. in die Arena des Hallenstadions Zürich-Oerlikon geführt wurde. Nicht nur für die 11'500 Zuschauer – auch Willi Melliger, der das weisse, grosse Pferd führte, liefen Tränen über sein Gesicht. Ihm, dem manchmal knorrigen, distanzierten und kühlen Profispringreiter, der sich in seiner langen Karriere schon von unzähligen Pferden trennen musste.
Aber eben, die Verbindung zwischen dem Reiter und dem «Weissen Riesen» war eine besondere und aussergewöhnliche. Nicht allein wegen der zahlreichen Erfolge, die das Paar während Jahren in vielen Parcours auf der ganzen Welt hatten. Der Auftritt des charismatischen Pferdes zusammen mit seinem talentierten Reiter, der das grosse Potenzial seines Partners umzusetzen wusste, riss das Publikum nicht selten zu Begeisterungsstürmen hin.
Im Sattel von Calvaro holte Willi Melliger an den Olympischen Spielen 1996 in Atlanta in der Einzelwertung Silber, vier Jahre später kehrte das Paar erneut mit einer silbernen olympischen Medaille, die sie mit dem Team gewonnen hatten, aus Sydney zurück. Vier weitere Medaillen gewannen Willi Melliger und Calvaro an Europameisterschaften. Darunter Gold und Bronze vor heimischem Publikum in St. Gallen.
Einer der erfolgreichsten EM-Reiter
Zweifellos in erster Linie dank des Ausnahmekönners Calvaro erlangte Willi Melliger an den grossen Turnieren auch international Berühmtheit. Doch schon zuvor hatte der im aargauischen Freiamt geborene gelernte Metzger zahlreiche talentierte Pferde wie Van Gogh, Trumpf Buur und Beethoven zu grossen Erfolgen geritten. 1983 etwa entschied er im Sattel von Van Gogh den Grossen Preis von Aachen, den prestigeträchtigsten Grand Prix der Welt, zu seinen Gunsten.
Zu Willi Melligers Lieblingspferden zählte auch die Stute Quinta, mit der er an der EM 1993 im spanischen Gijon erst Gold mit dem Team gewann und danach sich auch als Sieger der Einzelwertung feiern liess. Insgesamt zählten 13 Medaillen zu seiner EM-Sammlung, was ihn zu einem der erfolgreichsten Reiter an europäischen Wettbewerben machte.
Auch neben dem Parcours war Willi Melliger erfolgreich. Als Pferdehändler im solothurnischen Neuendorf, als Trainer des Schweizer Nachwuchskaders, mehrere Jahre organisierte er auf dem Areal seines Handelsstalles auch internationale Turniere.
Vor einem Jahr erlitt der sechsfache Schweizer Meister einen Herzinfarkt, von dem er sich nach einer Notoperation schnell wieder erholte. Am 13. Dezember musste er nach einem Hirnschlag erneut ins Spital verbracht werden, wo er seither im Koma lag. Heute ist der dreifache Familienvater im Alter von 64 Jahren verstorben.
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Ausnahmekönner im Pferdesattel
Springreiter Willi Melliger ist nach einem Hirnschlag verstorben. Ein Nachruf.