Geldberater: Der Marktschrei(b)erBachem geht ab wie eine Rakete
Vetropack ist für ruhige Gemüter +++ Bossard verkauft weit mehr als Schrübeli +++ Baloise mit guter Ertragslage +++ SoftwareOne wächst, aber nicht in der Cloud.

Bachem: Dosiert kaufen
Bachem wächst rasant und erreicht die Ziele früher als erwartet. Im ersten Halbjahr ist der Umsatz der Auftragsfertigerin von Peptiden 35 Prozent in die Höhe geschossen. Mit dieser Geschwindigkeit kommt das Unternehmen viel schneller voran als gedacht. Vor einem Jahr habe ich hier geschrieben, Bachem peile die Umsatzmarke von 500 Millionen Franken nicht wie zuvor in vier bis fünf Jahren an, sondern in drei Jahren. Nun soll das schon 2021 erreicht sein. Auch bei den Oligonukleotiden, die wie Peptide in immer mehr Medikamenten eingesetzt werden, geht es ruckzuck. Hatte es zuvor geheissen, man wolle in drei bis fünf Jahren 100 Millionen Franken Umsatz generieren, erreicht Bachem das Ziel wahrscheinlich schon nächstes Jahr. Im Oktober geht eine grosse Produktionsanlage in Betrieb, die voll ausgelastet sein soll. Mindestens ein Oligonukleotid eines Kunden von insgesamt vier Medikamenten wurde im ersten Halbjahr zugelassen. Das wird auch das übrige Geschäft antreiben. Es bleibt mir deshalb nichts anderes übrig, als den Aktien trotz sehr hohen Kursen die Stange zu halten. Dosiert kaufen
Vetropack: Dosiert kaufen
Ich geniesse ja gern: morgens ein Schweizer Joghurt aus dem Glas, mittags Raclette mit Gurken (aus dem Glas) und abends einen Bordeaux Grand Cru aus dunkler Flasche – das Leben kann so schön sein. Freuen tut sich dabei auch ein Glasproduzent namens Vetropack. Der stellt die erwähnten Behältnisse her und produziert seit mehr als 100 Jahren in der Schweiz. Das Unternehmen wird von der Familie Cornaz beherrscht, die 1911 die Verrerie St. Prex gründete. Heute produziert Vetropack über 5 Milliarden Glasverpackungen jährlich. Die an der Schweizer Börse kotierte Aktie ist ein Papier für ruhige Gemüter: Sie legt zu, ohne dass man es merkt. Im Jahr 2000 kosteten die Aktien nur wenig mehr als 2 Franken. Heute sind es fast 60 Franken. Nur die Finanzkrise hat den Aufstieg kurz unterbrochen. So kommt auf lange Sicht ein erstaunliches Plus zustande, das man «gewöhnlichen» Produkten wie Glasflaschen und Glasverpackungen gar nicht zutraut. Wirklich langfristig orientierten Anlegern kann ich den Kauf der vergleichsweise günstig bewerteten Titel empfehlen. Dosiert kaufen
Bossard Group: Halten
Älteren Semestern noch als Schrübeli-Bossard bekannt, ist die Bossard Group heute viel mehr. Nicht nur, weil das Angebot an industrieller Verbindungs- und Montagetechnik viel grösser und breiter ist und Wachstumsbranchen wie Robotik, Elektromobilität oder Medizinaltechnik dazugekommen sind. Es hat auch mit den angebotenen Dienstleistungen zu tun: Engineering zum einen, Digitalisierungslösungen zum andern. So errichtet und betreibt die Gruppe bei Kunden automatisierte Lagerbewirtschaftungssysteme für ihre Produkte. Das zahlt sich aus – das Geschäft blüht. Im ersten Halbjahr 2021 sind die Rekorde nur so gepurzelt. Der Ausblick auf das Gesamtjahr ist gut, auch wenn die Werte des ersten Semesters im zweiten kaum zu wiederholen sind. Das hat primär mit der Saisonalität des Geschäfts zu tun, aber auch damit, dass nach den sehr lebhaften ersten sechs Monaten eine gewisse Normalisierung zu erwarten ist. Die längerfristigen Aussichten sind vielversprechend. Daran gemessen, ist die Bewertung der Aktien nicht zu hoch. Besonders für längerfristig orientierte Anleger gilt daher mindestens: Halten
Baloise: Halten
Trotz grosser Extrazahlungen wegen der schweren Naturkatastrophen im ersten Semester schaffte der Versicherer Baloise die Rückkehr zur guten Ertragslage, die er vor den Verwerfungen der Corona-Pandemie hatte. Der Überschuss stieg gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 70 Prozent. Das Management optimiert das Angebot und treibt digitale Geschäftsmodelle voran. Der in Deutschland gestartete eigene Onlineversicherer Friday hat nun auch in Frankreich den Vertrieb aufgenommen. Durch Absatzkooperationen mit jungen Digitalunternehmen kreiert Baloise neue Angebotsbündel rund um die Mobilität und das Wohnen. Im zweiten Semester muss der Konzern wegen der Überflutungen im Juli sowohl in Deutschland als auch in Belgien und Luxemburg weitere substanzielle Schadenszahlungen verbuchen. Dennoch sind die mittelfristigen Perspektiven auch dank digitaler Geschäftsmodelle vielversprechend. Das Wetter könnte allerdings jederzeit das Ergebnis erneut belasten. Dank des dicken Kapitalpolsters erscheint die Zahlung von Dividenden trotzdem als gesichert. Halten
SoftwareOne: Dosiert kaufen
Der grosse Digitalisierungsschub bei vielen Unternehmen erreichte die IT-Resellerin SoftwareOne im Halbjahr zwar nicht, der Anstieg des Bruttogewinns (das ist der um Durchlaufkosten bereinigte Umsatz) von 12,3 Prozent kann sich aber sehen lassen. Die seit Jahresbeginn schwächelnde Aktie von SoftwareOne hat nach den Halbjahreszahlen mehr als 3 Prozent zugelegt. Während das Geschäft mit Lösungen und Services um mehr als 50 Prozent anzog, ging das Cloud-Geschäft leicht zurück. Ich finde, dass dies zwar die Veränderung des Reselling-Geschäfts spiegelt, andererseits aber Potenzial hat, denn manche Anleger lassen sich vom gemischten Zahlenset vielleicht abschrecken. Die Aktie ist mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 23 für 2022 günstig bewertet. SoftwareOne spekuliert auf eine starke Erholung bei Klein- und Mittelbetrieben in der zweiten Jahreshälfte dieses Jahres und erhofft sich auch eine Margenverbesserung. Ich bin sicher, dass auch die Firmen, die bisher zögerlich waren, irgendwann in die Cloud investieren müssen – die Frage ist nur, wann. Dosiert kaufen
Diese Kolumne wird von den Redaktorinnen und Redaktoren der «Finanz und Wirtschaft» verfasst. Sie haben sich verpflichtet, nicht in den entsprechenden Titeln aktiv zu sein. Wer die Tipps dieser Kolumne umsetzt, tut das auf eigenes Risiko. Die SonntagsZeitung übernimmt keine Verantwortung. Weitere Artikel der «Finanz und Wirtschaft» finden Sie unter www.fuw.ch
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