«‹Balkanexperte› gehört zu meiner Schimpfwörterlitanei»
Der Schriftsteller Peter Handke spricht über seine Sympathie für Partisanen und erklärt, warum er 1996 beim serbischen Kriegsverbrecher Radovan Karadzic zu Besuch war.
Herr Handke, Sie sind in Kärnten aufgewachsen, in einer slowenischen Familie, von der man den Eindruck haben kann, sie sei eine Insel gewesen in einer kulturell anders verfassten Umgebung. Diese Familie hatte etwas von einer Insel, auch wenn sie das Bild vielleicht selbst nicht erhob. Der Unterschied entsteht durch Sprachraub, durch den Zwang, Deutsch zu sprechen, durch einen landläufigen Rassismus, durch ein Bedrücken, das ein Anderssein auch verstärkt. Zur Insel gehört aber auch ein Mensch, der davon liebend erzählt – meine Mutter, wie sie von ihren Brüdern berichtet, die im Krieg gefallen sind, auf deutscher Seite, für nichts und wieder nichts. Einer der beiden, mein Onkel Gregor, war ein überzeugter Jugoslawe. Für mich ist er ein Märtyrer, ein Zeuge. Aber gleichzeitig ist es nicht so, dass da nur die Familie eine grosse Rolle gespielt hat. Da gab es auch die Religion, die Kirche, und die katholische Kirche ist im Süden Kärntens slowenisch. Sie hat mich gehoben, nicht die Politik, nicht die Zeitung.