Banken-Stresstest - ein Mosaikstein der Krisenvorsorge Analyse
Berlin Der Stresstest hat nach Einschätzung der Experten nur eine Momentaufnahme zur Widerstandskraft von Europas Banken gegen künftige Krisen geliefert - mehr nicht.
Dass sich systembedrohende Finanzkrisen wie die der letzten beiden Jahre möglichst nicht wiederholen, daran arbeitet die internationale Finanzpolitik noch. Die wirklich wichtigen Entscheide stehen noch aus. Das gilt vor allem für die Frage, welche Bankengeschäfte in welchem Ausmass und in welchem Zeitraum mit mehr Eigenkapital unterlegt werden müssen, damit bei Turbulenzen nicht gleich wieder eine Systemkrise droht. Und es geht ganz entscheidend auch darum, dafür zu sorgen, dass bei Krisen nicht wieder vor allem der Steuerzahler zahlen müssen, sondern die Banken und ihre Eigentümer jetzt schon zur Vorsorge gezwungen werden. Der Gipfel der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer (G20) in Pittsburgh vor knapp einem Jahr hatte das Instrument des Stresstests angesprochen. Es war einer von vielen Unterpunkten im Rahmen des Zieles, das internationale Regulierungssystem im Finanzbereich zu stärken. «Wir verpflichten uns bei Bedarf zu robusten und transparenten Stresstests», formulierten die Staats- und Regierungschefs damals. Die Banken wurden zugleich aufgefordert, mehr für die Stärkung ihrer Kapitalbasis zu tun. USA handelten schnell Die US-Regierung handelte schnell. Noch 2009 veranlasste sie einen umfassenden Stresstest unter den 19 führenden Instituten des Landes und machten damit gute Erfahrungen. Der bei den Tests aufgedeckte zusätzliche zweistellige Milliarden-Kapitalbedarf von zehn Banken konnte weitgehend über privates Kapital gedeckt werden. Das Vertrauen an den Märkten war offenbar durch diesen transparenten Test-Prozess zurückgewonnen worden. Jedenfalls fassten private Investoren wieder Mut. Die Europäer dagegen gingen mit dem Thema Stresstest von Banken zurückhaltend um, agierten eher im Verborgenen. Erst als die Griechenland-Krise und die folgenden Finanz-Problemfälle in anderen Euro-Ländern wie Spanien und Portugal die Märkte auf Achterbahnfahrt schickte und massive Sprünge bei Kursen und Zinsen für staatliche Kreditaufnahmen auslösten, riss Europa das Ruder herum. Dabei war es die US-Regierung, die EU im Mai drängte, zur Beruhigung der Märkte ihrem eigenen Beispiel der offenen Stresstests zu folgen. Das Problemland Spanien war es dann, dass diesen Ball aufnahm und die Veröffentlichung von Stresstest-Ergebnissen ankündigte. Ziel war, den anhaltenden Spekulationen über Schieflagen der Landes und seiner Banken die Basis zu entziehen. Die EU als Ganzes folgte dann Mitte Juni. Erfolg der Operation offen Ob die Operation Stresstest Europa Erfolg hat, an den Märkten mehr Vertrauen in die Krisenbeständigkeit der Branche schafft, ist kurzfristig nicht absehbar. Dass Akteure wie der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble oder auch sein US-Kollege Timothy Geithner das erwarten, heisst nicht viel. Oft genug hat es in der Vergangenheit bei der Ankündigung von Schritten zur Krisenbekämpfung und -vorbeugung zwar kurzfristig positive Marktreaktionen gegeben, die dann aber schnell wieder verpufften. Zudem streiten die Experten, ob die Stresstests auf einem einigermassen realistischen Bild der bestehenden Risiken im Geschäft und den Bilanzen der Banken basierten, ob die unterstellten Krisenszenarien nicht zu weich waren. Wichtig ist daher, wie schnell und entschlossen die Bemühungen um eine wirkungsvollere Krisenvorbeugung vorangetrieben werden. Es geht ganz konkret um stärkere und risikogerechtere Eigenkapitalpuffer. Auch muss entschieden werden, aus welchen Finanztöpfen künftige Krisenfälle im Gewerbe aufgefangen werden sollen. Die Politiker dringen darauf, dass die Branche diese Töpfe möglichst selbst füllt, denn die Steuerzahler für riesige Rettungsschirme für notleidende Banken zahlen zu lassen, ist wenig populär.
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