Bastian Schweinsteiger und Ana IvanovicBastiana für alle
Ob für Lavendel oder Freizeithosen - das Paar wirbt wie verrückt. Konsumenten, die all jenen misstrauen, die ein aufregenderes Leben führen als sie selbst, sind mit den verliebten Ex-Sportlern bestens bedient.

Bastian Schweinsteiger und seine schöne Ehefrau Ana Ivanovic haben der Zeitschrift «Gala» kürzlich ein Interview gegeben, Ana hat zu ihrem schwarzen Kleid «sexy gestreifte Overknees von Jimmy Choo» angehabt, und Bastian hat ihr fortwährend Blicke zugeworfen, die im redaktionseigenen Herzblattlabor sogleich in Reagenzgläser abgefüllt, überm Bunsenbrenner erhitzt und unter lautem Knallen in ihre chemischen Bestandteile zerlegt wurden. Worauf «Gala» exklusiv vermelden konnte: «Die Chemie stimmt.» Was war man froh.
Noch diffiziler dürfte die Suche nach einer ebenso knallenden Überschrift gewesen sein. Man hat sich das ungefähr so vorzustellen:
Redaktorin 1: Wie wär's mit «Von 80er-Jahre-Musik bin ich ein Riesenfan»?
Redaktorin 2: Nee, zu retro. Wie wär's mit «Ich kann leider nicht gut tanzen»?
Redaktorin 1: Nee, zu negativ. Was hältst du von «Wir waren in der Oper»?
Redaktorin 2: Zu abgehoben. Vielleicht: «Ich bin ein fröhlicher Mensch und versuche, mit einem Lachen ins Bett zu gehen und mit einem Lachen aufzuwachen»?
Redaktorin 1: Superschön. Passt nur leider nicht auf die Seite.
Redaktorin 2: Mist, verdammter.
Redaktorin 1: Wart mal – hat er nicht irgendwas von «Date Night» gesagt?
In dem unter der Überschrift «Montags ist unsere Date Night» veröffentlichten Interview kam das Wort «Date Night» dann in einem eher unbefriedigenden Mischungsverhältnis mit dem Wort «Marke» vor, alternativ auch «Brand». Bei Bastian Schweinsteiger und Ana Ivanovic handelt es sich ganz offensichtlich um eine solche, denn man findet sie gerade überall, wo Werbung getrieben wird. In einem TV-Spot für einen Baumarkt kaufen sie einen Topf Lavendel, wobei Bastian zum grünen Umwelt-Hulk mutiert, auf Plakatwänden und Anzeigenseiten posieren sie in Teilen ihrer Kollektion für ein Modeunternehmen und werden von einem wild gewordenen Gartenschlauch nassgespritzt. «Sie sind gemeinsam zu einer starken Marke geworden», lautete die Einstiegsfrage der «Gala», «ist das zu zweit einfacher?» Die Antwort in Kürze: Ja.
Was einen direkt zu Aristoteles führt. Metaphysik VII 17, 1041b : «Das, was aus Bestandteilen so zusammengesetzt ist, dass es ein einheitliches Ganzes bildet – nicht nach Art eines Haufens, sondern wie eine Silbe -, das ist offenbar mehr als bloss die Summe seiner Bestandteile. Eine Silbe ist nicht die Summe ihrer Laute: ba ist nicht dasselbe wie b plus a.» Anders ausgedrückt: Wenn ein bayerischer Ex-Fussballspieler und eine serbische Ex-Tennisspielerin den Bund der Ehe schliessen, so kann es sich trotzdem (wenn auch nicht vor Gott) noch um eine Art Haufen handeln, ein b und ein a eben. Zum ba konnten Bastian Schweinsteiger und Ana Ivanovic erst werden, indem sie zu einer Marke fusionierten, die aus Gründen der inneren Chemie besonders geeignet ist, anderen Marken Glaubwürdigkeit zu attestieren, wodurch für ba ein Mehrwert geschaffen wird.
Klingt einfach? Ist es nicht. Lothar Matthäus zum Beispiel hat vor langer Zeit – er befand sich gerade in einer Transitphase zwischen Ehefrau Nr. 2 und 3 – mit seiner jungen Freundin Maren Müller-Wohlfahrt einen Fernsehspot gedreht: Sie steigen gerade in ein New Yorker Taxi, als sein Handy surrt. «Na», sagt Maren über die Taxitür hinweg, «hast du ‹ne Nachricht von Franz bekommen?» «Nee», sagt Lothar, «aber ein Bügeleisen für dich gesnapt.» Dass es kein ba war, das hier für den mobilen Shopping-Anbieter 12snap Werbung machte, erkannte man daran, dass Maren und das Bügeleisen ebenso schnell in der Versenkung verschwanden wie 12snap selbst; Matthäus, inzwischen von Ehefrau Nr. 5 geschieden, macht seither sicherheitshalber alleine Werbung.
Glaubwürdiger waren da schon die Fernsehspots von Rudi Assauer und Simone Thomalla für eine Biermarke, vor allem der, in dem er ihr auf den Po haut und «Lecker!» ruft, zu ihrer Enttäuschung aber das Bier meint (Assauer hätte natürlich niemals Po gesagt). Oder «gucken nicht anfassen» schmunzelt, eine weitere Ambiguität zwischen dem Bier und einem Frauenpo.