Bauern sollen mehr für Natur tun
Das Bundesamt für Landwirtschaft hinterfragt die heutigen Direktzahlungen. Die Bauern aber fürchten, zu Landschaftspflegern degradiert zu werden.
Artenreiche Wiesen statt vieler Kühe im Stall. Dazu könnten die Direktzahlungen die Landwirte künftig animieren. Denn die Vorschläge, die Fachleute des Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) zurzeit im Auftrag des Parlaments ausarbeiten, rütteln an den Grundsätzen des bisherigen Systems. Dieses steht seit längerem in der Kritik: Denn jährlich fliessen 2,6 Milliarden Franken an Direktzahlungen in die Landwirtschaft, doch ob das Geld die gewünschte Wirkung erzielt, ist umstritten. Die ständerätliche Kommission für Wirtschaft und Abgaben fordert deshalb vom Bundesrat bis 2009 einen Bericht, um beurteilen zu können, woran das heutige System krankt.
Die bisher geleisteten Vorarbeiten im BLW sind umfangreich. Darunter sind aber Ideen, welche die Landwirte, die in Begleitgruppen mitgewirkt haben, dermassen ärgern, dass sie vorzeitig an die Öffentlichkeit gelangt sind. «Statt Lebensmittel für die Bevölkerung zu produzieren, werden die Landwirte mehr und mehr zu Landschaftsgärtnern degradiert», kritisiert der Präsident des Bauernverbands, Hansjörg Walter.
An Erwartungen der Bürger messen
Christoph Böbner, Vize-Direktor im Bundesamt für Landwirtschaft und Projektleiter des Berichts, zeigt im Gespräch mit dem «Tages-Anzeiger» Verständnis für diese Reaktion. «Es ist aber wichtig, seriöse Grundlagen zu schaffen», ist er überzeugt. Ausgangspunkt ist die Frage: Was erwartet eigentlich der Bürger als Steuerzahler von der Landwirtschaft? Gemäss einer Studie der Universität St. Gallen sind dies neben der Produktion von Nahrungsmitteln die Pflege der Kulturlandschaft, die Erhaltung der Biodiversität und eine tierfreundliche Haltung. So wie es in der Verfassung verankert ist. Entschädigt werden die Landwirte heute aber hauptsächlich nach der Grösse der Fläche, die sie bewirtschaften und der Anzahl Tiere, die sie halten. Diese allgemeinen Direktzahlungen machen jährlich rund 2 Milliarden Franken aus. Die restlichen 600 Millionen sind an ökologische Ziele geknüpft. Für die Bauern sind die Zahlungen zentral: Sie steuern im Berggebiet teilweise über ein Drittel an ihr Einkommen bei.
«Bevor wir jetzt das System umbauen, müssen wir erstmal klare Leistungen und Ziele festlegen und definieren, mit welchen Instrumenten diese am effizientesten erreicht werden können», betont Böbner. Die Grundidee, die er und seine Kollegen ausgearbeitet haben, ist: Für jedes Ziel, das konkret umschrieben wird, braucht es mindestens ein Instrument. Um beispielsweise das Ziel «Pflege der Kulturlandschaft» zu erreichen, würden die Landwirte einen festen Kulturlandschaftsbeitrag erhalten. Zudem könnten sie sich aber regional organisieren, um Kastanienhaine im Tessin oder Bergackerbau im Engadin zu erhalten. So kämen sie zusätzlich in den Genuss eines Landschaftsqualitätsbeitrags. Weitere finanzielle Anreize sind zu Gunsten der Biodiversität geplant. Sie sollen die Bauern motivieren, mehr für die Artenvielfalt zu tun. Heute müssen die Landwirte sieben Prozent ihrer Fläche ausscheiden und umweltschonend bewirtschaften. Wie wertvoll die Fläche für die Natur aber tatsächlich ist, wird nicht berücksichtigt. Diese ökologischen Ausgleichsflächen sollen deshalb ebenso wegfallen wie allgemeine Flächen- und Tierbeiträge.
Korrekturen die bisher tabu waren
Böbner ist überzeugt, dass der neue Ansatz auch im Interesse der Bauern ist. «Für sie ist es eine Chance, die Direktzahlungs-Gelder an effektive Leistungen zu knüpfen und sie damit stichhaltig zu begründen.» Denn dadurch würde dem Steuerzahler klar, was er genau finanziere. Eine Überprüfung der Gesamtsumme ist im Motionsauftrag hingegen nicht enthalten. «Es geht nicht um einen Abbau, sondern um eine grössere Effizienz der eingesetzten Mittel», sagt Böbner.
Mit ihrer Kritik stehen die Landwirte aber nicht alleine da. «Der Vorschlag des BLW, die ökologischen Ausgleichsflächen abzubauen, verstösst klar gegen bisherige Errungenschaften», meint der Geschäftsführer der «Vision Landschaft Schweiz», Andreas Bosshard. Gleichzeitig lobt er aber, dass der Entwurf einige Pfeiler des bisherigen Systems in Frage stelle. «Das BLW zeigt den Willen zu grundlegenden Richtungskorrekturen, die bisher absolut tabu gewesen sind.»
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