BBC benutzt Studenten als Schutzschilde für Nordkorea-Reportage
Reporter John Sweeney liess eine Gruppe Studenten im Unklaren darüber, dass sie Teil einer investigativen TV-Recherche in Nordkorea waren. Nun will die Universität verhindern, dass der Film ausgestrahlt wird.

Kaum im Amt, muss sich der neue BBC-Direktor Lord Hall schon einer hitzigen Kontroverse stellen, die sich um eine der prestigeträchtigsten Sendungen dreht. Konkret geht es um das Gefäss «Panorama», das BBC-Flaggschiff für investigative Recherchen. Heute Abend sollte der Film «North Korea Undercover» ausgestrahlt werden, eine Dokumentation des Reporters John Sweeney aus dem Land, das die Welt mit seinen Kriegsdrohungen in Atem hält. Doch im Vorfeld ist eine Kontroverse über die Methoden entbrannt, wie Sweeney zu seinem Material gekommen ist. Dies berichtet «Spiegel online» heute.
Entschuldigung gefordert
Der Reporter nämlich tarnte sich und sein Team mit einer Gruppe Studenten der renommierten Wirtschaftsuniversität London School of Economics (LSE). Diese wurden aber nicht korrekt darüber informiert, welche Rolle sie dabei spielen sollten und dass die Organisatoren eine TV-Doku für BBC drehen würden. Nun ist in den Medien eine Debatte über journalistische Ethik entbrannt und die Schule verlangt von der BBC einen Verzicht auf die Ausstrahlung des Films und eine formelle Entschuldigung. Wie die BBC heute mitteilt, will sie definitiv an der Ausstrahlung festhalten.
Konkret geht es um die Nordkorea-Reise einer Gruppe von LSE-Studenten vom 23. bis 30. März. Organisiert hatte sie nicht die Universität selbst, sondern John Sweeneys Ehefrau Tomiko Sweeney, welche die Reise über einen Studentenclub beworben hatte. Frau Sweeney hatte mit ihrem Mann bereits im Vorjahr eine Nordkorea-Reise mit einer Studentengruppe absolviert und danach eine grosse Reportage geschrieben. Nun planten sie und ihr Mann dasselbe Vorgehen, aber diesmal mit Filmaufnahmen für eine TV-Dokumentation. Über den auf ausländische Beziehungen spezialisierten Studentenclub der LSE warb Frau Sweeney eine Gruppe Studenten für die Reise an, die ihrem Mann John Sweeney als Tarnung dienen sollte. Der Haken: Die Studenten wurden zwar informiert, dass sich unter den Mitreisenden ein Reporter befinden würde, nicht aber, dass es Filmaufnahmen geben würde und dass der Film später auf BBC ausgestrahlt werden sollte. Die BBC liess zwar vorgängig eine Risikoanalyse erstellen, holte aber von den Studenten keine schriftliche Einwilligung ein.
Was darf Journalismus?
Dies ist nun auch der Kernpunkt der Debatte, die in den britischen Medien um den Fall entflammt ist. Die LSE warf Sweeney und seinem Team vor, sie hätten die Studenten absichtlich irregeführt und sie mutwillig in Gefahr gebracht. Die Studenten hätten bei Ausstrahlung des Films mit weiteren Nachteilen zu rechnen. Vor allem aber fürchtet man auch um die Reputation der Schule. Sweeney wiederum konterte, die Studenten seien sehr wohl gewarnt worden, dass in der Folge der Reise mit Repressalien und Verhaftungen zu rechnen wäre. Dass man sie nicht genauer wissen liess, wer dahinter stecke, sei zu ihrem eigenen Schutz geschehen.
Nachdem die LSE vorab erfolglos versucht hatte, Einfluss auf die Veröffentlichung des Filmes zu nehmen, wandte sie sich in der Folge mit der Geschichte an die Öffentlichkeit. BBC-Programmchef Ceri Thomas wiederum konterte, Sweeneys Methoden seien gerechtfertigt, weil es sich hier um wichtigen Journalismus im öffentlichen Interesse handle. Und Sweeney ergänzte gegenüber der Zeitung «The Independent», die Studenten seien mutige Erwachsene, die sich der Risiken bewusst gewesen seien. Hätte bloss einer gegenüber den nordkoreanischen Verantwortlichen das Wort BBC erwähnt, wäre er selber im Gulag gelandet. Dass keiner das getan habe, wertete Sweeney als Zeichen der Zustimmung: «Die mitreisenden LSE-Studenten haben mich geschützt. Und sie taten das, weil sie an freie Meinungsäusserung glauben und daran, dass man die Geschichte dieses Neonazi-Regimes erzählen muss – das glaube ich wenigstens.»
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